»Eine Krise der Solidarität«
Amnesty International fordert EU-Mitgliedsstaaten zur Aufnahme von Flüchtlingen auf
Rund 300 000 Menschen sind seit 2011 im syrischen Bürgerkrieg gestorben. 12 Millionen Syrer sind seither auf der Flucht. Die meisten von ihnen leben unter Bedingungen, in denen die Menschenrechte nicht gewahrt werden. Auf diese Situation machte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) am Mittwoch in Berlin anlässlich des Tags der Menschenrechte aufmerksam. »Flüchtlinge in den größten Aufnahmestaaten Jordanien, Ägypten, in der Türkei sowie in Libanon und in Irak müssen um das tägliche Überleben kämpfen. Sie haben kaum Zugang zu Trinkwasser oder zum Gesundheitssystem und dürfen nicht arbeiten«, berichtete Khairunissa Dhala von AI. Die Aufnahmekapazität sei in diesen Ländern längst ausgereizt. Es komme zu Spannungen zwischen Flüchtlingen und der restlichen Bevölkerung, zudem drohten Flüchtlingen in Jordanien und in der Türkei inzwischen die Abschiebung nach Syrien.
Die AI-Generalsekretärin, Selmin Çalışkan, kritisierte vor diesem Hintergrund die Kooperation der deutschen Regierung mit der Türkei. »Wir finden es zwar richtig, dass die Türkei für die Aufnahme der Flüchtlinge finanzielle Unterstützung erhält. Wir kritisieren jedoch, dass das Aufnahmeland dabei selbst gegen Menschenrechte verstößt«, erklärte Çalışkan. Amnesty habe einige Fälle dokumentiert, in denen die Türkei Flüchtlinge nahe der griechischen Grenze erschossen habe. Kurz nach dem Beschluss des Aktionsplans von Europäischer Union und Türkei seien erneut 1400 Menschen auf dem Weg nach Griechenland verhaftet worden.
Diese Abschottungspolitik der EU könne Flüchtlinge nicht davon abhalten, sich in Sicherheit zu bringen. »Die EU blendet aus, dass sie die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg gemeinsam annehmen muss. Die Lösung der internationalen Krise der Solidarität kann nur global gedacht werden, jenseits nationalstaatlicher Egoismen«, kritisierte Çalışkan. Amnesty habe dazu aufgerufen, 400 000 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge - wie Kinder, Frauen, Kranke und Verwundete - bis Ende des Jahres aus den Lagern rund um Syrien in die EU umzusiedeln. Bisher habe die EU jedoch nur 160 000 Plätze angeboten.
Die Entscheidung der mazedonischen Regierung, nur noch syrische, afghanische und irakische Flüchtlinge aus Griechenland die Grenze passieren zu lassen, kritisierte die Menschenrechtsorganisation scharf: »Das stellt eine Diskriminierung der Flüchtlinge nach Herkunftsstaaten dar - und verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention.« Ebenso stelle die Erklärung von Mazedonien, Kosovo und Albanien zu sicheren Herkunftsstaaten eine Aushöhlung des Menschenrechts auf Asyl dar. »Die Asylrechtsverschärfung der Bundesregierung konterkariert die enorme Hilfsbereitschaft aus der Zivilgesellschaft, Flüchtlinge gut und sicher aufzunehmen«, sagte Çalışkan.
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