Union streitet um Obergrenze für Flüchtlinge

Kurz vor ihrem Bundesparteitag diskutiert die CDU über eine »Drosselung« der Zuwanderung

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
In der CDU wächst der Druck auf Parteichefin Angela Merkel, den Zuzug von Flüchtlingen zu bremsen oder ganz zu unterbinden. Der Streit könnte auch den Parteitag überschatten.

Die CDU ringt um einen Kompromiss in der Flüchtlingspolitik. Unmittelbar vor Beginn des Bundesparteitags in Karlsruhe am kommenden Montag sucht die Union nach gemeinsamen Positionen. Viele in der Basis sowie drei von fünf großen Parteivereinigungen drängen auf eine härte Linie. Die Junge Union (JU) hat einen eigenen Antrag eingebracht, der Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen fordert. Auch die Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) will den »Flüchtlingsstrom drosseln« und ihren bereits Mitte November gefassten Beschluss auf dem Bundesparteitag einbringen. Unter anderem spricht sich die KPV dafür aus, notfalls das Schengen-System außer Kraft zu setzen. Dritte im Bunde ist die Mittelstandsvereinigung (MIT). Ihr Chef, Carsten Linnemann, erklärte im ZDF: »Der ungesteuerte Zustrom muss gestoppt werden.«

JU-Chef Paul Ziemiak kündigte in der »Welt« vom Freitag eine »Auseinandersetzung mit offenem Visier« auf dem Parteitag an, sollte das Präsidium kein Signal zur Begrenzung der Zuwanderung setzen. Damit droht Ziemiak mit einem offensiv ausgetragenen Streit in Karlsruhe. Bislang waren sich Beobachter sicher, dass es die Unzufriedenen darauf nicht ankommen lassen, weil sie ihre Parteichefin und Kanzlerin nicht beschädigen wollen. Nun bleibt abzuwarten, worauf sich das CDU-Präsidium am Sonntag einigt. Das Gremium soll den Leitantrag für den Parteitag verabschieden. Bislang fehlt in dem Antrag jeglicher Hinweis auf eine Obergrenze für Flüchtlinge, weil Merkel sie strikt ablehnt.

Doch das Führungspersonal der CDU erwärmt sich zusehends für eine solche Deckelung. So plädierte Sachsens-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) am Freitag in der »FAZ« für nationale Obergrenzen. Haseloff sieht ein solches Limit bei 400 000 Flüchtlingen jährlich.

Während die CDU noch streitet, hat sich die SPD auf ihrem Parteitag relativ geräuschlos auf einen Beschluss zur Flüchtlingspolitik geeinigt. Die Sozialdemokraten sind gegen feste Obergrenzen, wollen aber die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge trotzdem reduzieren. »Zuwanderung per Kontingent«, heißt das Konzept. Konkret geht es der SPD darum, »die Geschwindigkeit der Zuwanderung zu verringern«. Zusammen mit dem UN-Flüchtlingskommissar will man eine bestimmte Anzahl von Flüchtlingen auf legalem Weg nach Europa holen. Eine solche Kontingentierung setzt automatisch ein jährliches Limit fest. »Trotzdem«, so der SPD-Beschluss, »sind Kontingente keine Obergrenzen.« Alles eine Frage der Formulierung.

Doch womöglich bedarf es solcher Wortakrobatik nicht mehr. Wie die »FAZ« am Freitag meldete, drosselt die Türkei als Haupttransitland den »Flüchtlingsstrom«. Damit setzt Ankara offenbar den mit der EU vereinbarten Aktionsplan zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegungen um.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -