Geld, Bier und Sofas
In Thüringen verweigert sich die CDU konstruktiver Kritik am Haushaltsentwurf - und erntet dafür Spott
Dieser Freitag ist offenbar Sofa-Tag im politischen Erfurt. Gleich zwei Mal werfen Vertreter der rot-rot-grünen Regierungsfraktion der CDU vor, faul auf der Couch zu sitzen. Und eigentlich nichts zu tun, außer zu »nölen« und Bier zu trinken, wie es die Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Landtag, Susanne Hennig-Wellsow, formuliert. Auch wenn es nicht sofort sichtbar ist: Auch solche Wortbeiträge haben mit der außerparlamentarischen Haushaltsdebatte zu tun, die gerade in Thüringen läuft.
Diese Debatte ist auch deshalb so bildreich, weil in dieser Woche während der Landtagssitzungen der Schicksalshaushalt des Bündnisses aus LINKE, SPD und Grünen zur Abstimmung steht. Genauer: der Schicksals-Doppelhaushalt, sollen die Parlamentarier der Koalition doch abschließend darüber entscheiden, wofür das Land in den Jahren 2016 und 2017 Geld ausgibt. Der Doppelhaushalt wird lange genug nach dem Regierungswechsel verabschiedet, um damit inhaltliche Akzente setzen zu können. Und weit genug vor der nächsten Landtagswahl, um dort nicht unmittelbaren mit hineingezogen zu werden. Hennig-Wellsow ist deshalb stolz auf das Werk: Rot-Rot-Grün gebe mehr Geld für Flüchtlinge aus, stelle hunderte zusätzliche Lehrer ein und statte die Hochschulen besser aus. Und das alles, ohne neue Schulden aufzunehmen. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dirk Adams, sagt gar: Wenn jemals auf ein Haushalt das Siegel »solide« gepasst habe, dann auf diesen rot-rot-grünen Doppelhaushalt.
Die CDU sieht das nicht nicht nur oppositions-naturgemäß anders, sondern ist nach den Worten ihres Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring auch sogar »entsetzt« über das Zahlenwerk. Unter anderem deshalb, weil die Haushaltsvolumina im Vergleich zum letzten Budget unter CDU-Führung steigen werden. Unter dem damaligen Ministerpräsidenten Dieter Althaus sei das Haushaltsvolumen in Thüringen auf etwa neun Milliarden Euro gedrückt worden, unter seiner Nachfolgerin Christine Lieberknecht habe das Land erstmals Schulden abgebaut, sagt Mohring über seine Parteifreunde. Unter Rot-Rot-Grün steige das Haushaltsvolumen bis 2017 wieder auf mehr als Milliarden Euro an. »Die machen das Land kaputt, solange die regieren«, schimpft Mohring. »Die fahren gegen die Wand.«
So grundsätzlich ist die Kritik der Union an dem Haushalt, dass die Fraktion zu dem vorliegenden Haushaltsentwurf nicht einmal Änderungsanträge einbringen will. Bei einem so falschen Haushalt, sagt Mohring, sei das völlig nutzlos. »Das lässt sich nicht mit drei Anträgen zum Einzelplan 0.5 oder 0.8 korrigieren.« Stattdessen will die Union während der nächsten Landtagssitzung einen Antrag einbringen, aus dem ganz global deutlich werden soll, wie die CDU das Geld des Landes in den kommenden beiden Jahren ausgeben will - wenn sie noch regieren würde.
Weil das im parlamentarischen Verfahren eine sehr, sehr ungewöhnlichen Idee ist, übt ähnlich wie Hennig-Wellsow auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey, scharfe und eben oft spöttische Kritik an der Union. Die CDU solle ihre Arbeit im Landtag doch bitte ernst nehmen machen, argumentieren sie mit der Sofa-Metapher. »Wenn man sich immer darüber beschwert, dass die Wohnung unaufgeräumt ist und dann nicht mal den Hintern vom Sofa kriegt, um mal selbst aufzuräumen, dann finde ich das bemerkenswert«, sagt Hey. Er habe Google befragt, ob sich schon mal in einem deutschen Parlament die größte Oppositionsfraktion geweigert habe, sich mit Änderungsanträgen an einer Haushaltsdebatte zu beteiligen. Die größte Suchmaschine der Welt sei noch nicht fündig geworden, sagt Hey.
Mohring findet die Sofa-Bilder allerdings gar nicht lustig. Auf Twitter kommentiert er den Sofa-Tag im politischen Erfurt mit einem Wort: »niveaulos«.
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