Prämien für Fusionswillige

Mecklenburg-Vorpommerns Regierung will Zusammenschluss von Kommunen honorieren

  • Lesedauer: 3 Min.
In den bundesweit größten Kreisen liegen die kleinsten Gemeinden - in keinem anderen Land ist die Diskrepanz in der Verwaltung so groß wie in Mecklenburg-Vorpommern. Die Regierung will das ändern.

Schwerin. Nach jahrelanger Vorbereitung nimmt die SPD/CDU-Landesregierung in Schwerin nun Kurs auf Gemeindefusionen in Mecklenburg-Vorpommern. Doch sollen nach der heftigen Basiskritik an der vom Land verordneten Kreisgebietsreform von 2011 Zusammenschlüsse von Dörfern und Städten ausschließlich auf freiwilliger Grundlage erfolgen.

Wie aus einem von SPD und CDU vorgelegten Gesetzwurf hervorgeht, will das Land Gemeinde-Ehen mit insgesamt 40 Millionen Euro bezuschussen und so die Bereitschaft zu Fusionen erhöhen. Solche Hochzeitsprämien hatte es bereits Ende der 1990er Jahre gegeben. Am Donnerstag wird sich der Landtag erstmals mit dem knapp 30-seitigen Papier befassen.

Unter dem Eindruck der heftigen, vor allem auf Innenminister Lorenz Caffier (CDU) gerichteten Kritik an der Kreisreform hatte die rot-schwarze Koalition ihre Pläne zur Bildung größerer Gemeinden zunächst auf Eis gelegt. Für die laufende Legislaturperiode wurde lediglich die Erarbeitung eines Leitbildes vereinbart. Im nun vorliegenden Entwurf wird auf Größenvorgaben allerdings verzichtet. Es gibt lediglich den Verweis auf die Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommerns, in der 5000 Einwohner als Mindestgröße für eine «rechtsstaatliche, effektive, effiziente und bürgernahe» Verwaltung« genannt wird.

Wegen der sehr kleinteiligen Kommunalstruktur waren in Mecklenburg-Vorpommern bereits zahlreiche Ämter gebildet worden, die die Verwaltungsaufgaben für mehrere ehrenamtlich geführte Gemeinden übernehmen. Diese Doppelstruktur traf vielfach auf Kritik, unter anderem durch den Landesrechnungshof. Nach Angaben des Städte- und Gemeindetags haben von den 755 Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern 276 weniger als 500 Einwohner.

Der Kommunalverband machte aber bereits deutlich, dass er ein Mitspracherecht bei der nun beginnenden parlamentarischen Arbeit am Reformleitbild fordert. Die Einwohnerzahl sei nur ein Kriterium, nach der die Verwaltungsstruktur ausgerichtet werden solle. »Wir kennen sehr leistungsfähige kleine Gemeinden. Andererseits gibt es große, die das nicht unbedingt sind«, sagte Verbandsgeschäftsführer Andreas Wellmann. Kritisch äußerte er sich auch zu den Plänen der Schweriner Landesregierung, die Fusionsprämien mit Geld zu finanzieren, das den Kommune ohnehin im Rahmen des Finanzausgleichs zustehe.

Vor einigen Tagen hatte sich der Landesrechnungshof zur Finanzausstattung der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern geäußert. »Die Finanzlage der Kommunen ist entgegen allen anderslautenden Aussagen nicht negativ, sondern positiv«, stellte Rechnungshofpräsident Tilmann Schweisfurth bei der Vorlage des neuen Kommunalfinanzberichts fest. Doch sei dies weniger Resultat eigener Anstrengungen als vielmehr Ergebnis überdurchschnittlich hoher Zuweisungen durch das Land.

Den Kommunen warf Schweisfuhrt vor, zu viel Geld für Soziales, Sach- und Personalkosten auszugeben, die Investitionen zu vernachlässigen und eigene Einnahmequellen ungenutzt zu lassen. »Würden sich Städte und Gemeinden an den Steuerhebesätzen in Sachsen orientieren, dann könnten sie bei Gewerbe- und Grundsteuern pro Jahr 120 Millionen Euro mehr einnehmen. Wenn sie diese Potenziale nutzten, dann wären die wiederkehrenden Runden mit der Landesregierung um mehr Geld nicht mehr nötig«, sagte Schweisfurth.

Laut Finanzbericht lagen die eigenen Steuereinnahmen der Kommunen mit 616 Euro je Einwohner im Vorjahr um 66 Euro unter dem ostdeutschen Durchschnitt, die Pro-Kopf-Zuweisungen mit 1209 Euro aber um 103 Euro darüber. dpa/nd

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