Konzernlobby macht gegen Acht-Stunden-Tag mobil
BDA-Chef fordert von Beschäftigten »mehr Beweglichkeit« / Kramer: Ständige Erreichbarkeit ist nur Problem der Selbstdisziplin / Psychische Erkrankungen nicht auf Arbeitsstress zurückzuführen
Berlin. Der Konzernlobbyist Ingo Kramer hat von den Beschäftigten »mehr Beweglichkeit bei der wöchentlichen Arbeitszeit« gefordert, wie es in einem Zeitungsbericht heißt. »Der starre Acht-Stunden-Tag passt nicht mehr ins digitale Zeitalter, wir wollen mehr Beweglichkeit«, sagte Kramer der »Rheinischen Post«. Es könne sein, dass jemand an einem Tag zwölf Stunden arbeitet und am nächsten nur vier, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände: »Wir wollen ja die Wochenarbeitszeit nicht ausweiten.«
Auch Daimlers Personalvorstand Wilfried Porth hat sich für eine Lockerung der Arbeitszeitgesetze ausgesprochen. »Ich will keine Schutzfunktion aufheben«, sagte Porth der Deutschen Presse-Agentur. »Aber wir müssen die Regeln flexibilisieren und den heutigen Arbeitsgewohnheiten anpassen.« Es sei in Ordnung zu sagen, man soll nicht länger als zehn Stunden pro Tag arbeiten. »Aber es muss doch nicht im Block sein.« Die Menschen bräuchten heute mehr Flexibilität - zum Beispiel für die Kinderbetreuung oder die Pflege Angehöriger. »Es kann aber nicht sein, dass das alles von den Unternehmen aufgefangen werden muss.«
Kramer wies darüber hinaus die Kritik zurück, dass Unternehmen die Digitalisierung nutzen würden, um von ihren Beschäftigten auch in der Freizeit Erreichbarkeit und Mehrarbeit einzufordern. »Die Arbeitgeber erwarten nicht, dass jeder nach Feierabend noch erreichbar ist«, sagte Kramer. Zwar gebe es Ausnahmen für Führungskräfte oder für Notfälle. Allerdings betonte er, dass es in der Verantwortung jedes einzelnen liege, Mobilgeräte auch mal auszuschalten. »Selbstdisziplin ist ganz wichtig«, verlangte Kramer. Nach seiner Auffassung sei es zudem »völlig falsch, psychische Erkrankungen vorwiegend auf Arbeit zurückzuführen«. Wissenschaftliche Studien belegten das Gegenteil: »Beschäftigte leiden deutlich seltener an psychischen Erkrankungen als Nichtbeschäftigte«, so Kramer.
Gewerkschaften fordern immer wieder, dass Mitarbeiter nach Feierabend besser vor der Erreichbarkeit mit beruflichen Emails und SMS geschützt werden müssten. Man brauche strengere Regeln, heißt es etwa bei der IG Metall. Im November hatte eine Umfrage im Auftrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ergeben, dass sich etwa jeder fünfte Beschäftigte oftmals von seiner Arbeitssituation überfordert fühlt. 70 Prozent der Befragten sagten, sie hätten den Eindruck, dass die Arbeitsbelastung in den vergangenen Jahren zugenommen habe. 77 Prozent wünschten sich strengere Regelungen in ihrem Betrieb. Agenturen/nd
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