Ein Panda namens Sigmar
Bernd Zeller hofft auf eine positive Quintessenz des eben begonnenen Jahres
Unser heutiger Bericht bietet einen Ausblick auf das soeben angelaufene Jahr, von dem wir bisher nur wissen, dass Umweltinitiativen es zum Jahr des Pandas ausgerufen. Zweifellos ein schöner Erfolg für die Pandabären-Lobby, der aber nicht über die Probleme hinwegtäuschen soll, die Deutschland noch immer mit den Pandas hat.
Die Mehrheit der Deutschen sieht die Arbeit der Pandas überwiegend positiv, aber es gibt Vorbehalte gegen eine solche Meldung. Viele, die von Beruf oder Natur aus misstrauisch sind, stecken andere mit ihrem Misstrauen an, so dass eine wachsende Minderheit derartige Nachrichten so auslegt, als würde die Mehrheit der Deutschen die Arbeit der Pandas mit Skepsis betrachten. Wer aber einen Panda persönlich kennt, weiß nur Gutes zu berichten, und das sollte maßgeblich sein.
Es gibt, und das muss als positiv festgestellt werden, keine nennenswerte Pandafeindlichkeit. Es ist nicht zu fürchten, mit Angst vor Pandas könnten abseitige Parteien Stimmung machen und Wähler verführen, was ja keineswegs selbstverständlich ist.
Wir sollten also die Jahreswidmung zum Anlass nehmen, die Pandas als Chance aufzufassen. Wir werden im Fernsehen Sendungen wie »Deutschland sucht den Pandabär«, »Germany’s Next Top-Panda« und »Panda total« zu sehen kriegen, im »Tatort« wird auf die sozialen Probleme in der Pandaszene aufmerksam gemacht, Superquoten verspricht »Panda sucht Frau«.
Letzteres Format löst eine längst fällige Debatte aus über das Verständnis der Geschlechterrollen bei den Pandas, die zu wenig in den Dialog einbezogen worden sind. Denn unser Augenmerk sollte nicht zuletzt darauf gerichtet sein, dass auch die Pandas einen Anspruch darauf haben, dass im allgemeinen Sprachgebrauch von Pandabärinnen und Pandabären sowie transgeschlechtlichen Genderpandas die Rede ist. Das dahinterstehende Problem mag manchen, die sich zuvorderst mit ihren eigenen Problemen befassen, als nachrangig erscheinen. Doch gerade die Pandas sind ein Beispiel dafür, wie das Paarungsverhalten nicht durch überkommene Rollenmuster bestimmt werden kann. Die in Obhut von Zoos gehaltenen Pandas sind bekannt dafür, sich der von ihnen erwarteten Fortpflanzung zu entziehen. Das kommt daher, dass die Paare gemäß den von der Gesellschaft bestimmten Geschlechterzuschreibungen zusammengesetzt werden, ohne dass die Zooleitung nachfragt, welches Geschlecht die Pandas sich selbst ausgesucht haben. So wird das natürlich nichts.
Im politischen Betrieb sind die Pandas noch immer stark unterrepräsentiert. Der einzige bekennende und zu erkennende Panda in einer Spitzenposition ist Sigmar Gabriel, sofern man die Tätigkeit als SPD-Vorsitzender und Wirtschaftsminister als Spitzenposition ansieht, zumal er zwar immerhin Vizekanzler ist, aber je nach Sichtweise eben auch nur Vize. Seine Zustimmung ist bei den Pandas dafür umso einmütiger, nämlich fast hundertprozentig.
Bedauerlicherweise haben auch unsere Kinderbuchverlage die Anliegen der Pandas bislang schmählich vernachlässigt. Angesichts der herrschenden Art von Kinderbüchern kann darin aber ein Vorteil zu sehen sein; zwar wurden Kinder unzureichend über die Anliegen von Pandas unterrichtet, andererseits ist festzuhalten, dass es den Pandas zumindest in größerem Ausmaße erspart geblieben ist, scheußlich gezeichnet zu werden. Künftig werden die Verleger sich auch mit Vampirpandas und der Pandabärenclique zu beschäftigen haben.
Bei allen Motto-Jahren muss an eine Exit-Strategie gedacht werden. Man muss während des Jahres sicher sein können, dass man gut wieder herauskommt. Beim Jahr des Pandas meinen noch nicht alle, sich darauf verlassen zu können, was weniger am Panda liegt als daran, dass es sich um das Jahr 2016 handelt. Wenn man einmal als erste Assoziation zu 2016 haben wird: »Das war doch das Jahr des Pandas!«, können aber alle wirklich sehr froh sein.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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