Zwischen drei Prozent und Staatskanzlei
Die LINKE kämpft im Westen um den Einzug und im Osten um das Amt des Regierungschefs
Drei Landtagswahlen hat die LINKE im März zu bestehen. Die derzeitigen Prognosen zeigen, wie unterschiedlich die Voraussetzungen in Ost und West sind. Während es in Sachsen-Anhalt um eine Regierungsbeteiligung geht, liegt man in Rheinland-Pfalz genau auf der Fünf-Prozent-Hürde. In Baden-Württemberg hingegen wird es wohl nicht reichen. Im Südwesten müsste schon ein kleines demoskopisches Wunder geschehen. Die Partei, die »für bezahlbaren Wohnraum, eine solidarische Gesellschaft für alle Menschen, Frieden, beste Bildung, gute Löhne und Einkommen« streitet, erreichte bei der jüngsten Forsa-Umfrage Mitte Dezember knapp drei Prozent. In insgesamt 18 verschiedenen Umfragen seit 2011, die auf dem Portal wahlrecht.de einsehbar sind, kam die LINKE nur zweimal knapp auf fünf Prozent.
Bei nahezu Vollbeschäftigung und hohen Löhnen wählt der deutsche Michel dann doch lieber jene, die ihm Sicherheit und Status quo versprechen. Da half es auch nichts, dass Bundesparteichef Bernd Riexinger persönlich in den Ring stieg und nun neben Gökay Akbulut als Spitzenkandidat antritt.
Noch im Februar 2015 ging Riexinger davon aus, dass viele der potenziellen Linkswähler, die 2011 aus strategischen Gründen zu den Grünen gewandert waren, 2016 zurückkehren würden. Tatsächlich lag die LINKE vor der Wahl 2011 lange stabil bei fünf Prozent. Dann kam die Katastrophe von Fukushima. Diesmal kommt der Partei wohl die Flüchtlingskrise dazwischen. Die AfD liegt bereits bei sieben Prozent. Eine bittere Lehre der Wahlanalysen im Nachgang der letzten Urnengänge belegt, dass die LINKE viele Stimmen an die Rechtspopulisten verliert.
Auch in Rheinland-Pfalz »überlagert die Flüchtlingsfrage mittlerweile alle anderen Themen«, wie Jochen Bülow, Spitzenkandidat der LINKEN, gegenüber »nd« betont. Aktuelle Umfragen sehen die Genossen bei fünf Prozent. Das würde für den Einzug ins Mainzer Parlament reichen. Bülow warnt, dass die jüngsten Umfragen keine Garantie für einen tatsächlichen Erfolg am Wahltag seien. Dass die LINKE in der ehemaligen CDU-Hochburg Rheinland-Pfalz überhaupt reüssieren kann, ist für Bülow auch Folge der sozialen Verwerfungen. »In Punkto prekärer Arbeit sind wir mittlerweile bundesweit Spitzenreiter«, unterstreicht Bülow.
Es wird auf alle Fälle spannend, da auch die AfD mit derzeit sieben Prozent im Landtag vertreten wäre. Die rot-grüne Regierung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hätte dann keine Regierungsmehrheit mehr. CDU-Herausforderin Julia Klöckner fährt im Wahlkampf einen sehr bissigen Konfrontationskurs, der ein späteres Zusammengehen der beiden Volksparteien schwierig machen wird. Neben einer Großen Koalition bestünde also rein rechnerisch auch die Option Rot-Rot-Grün. »Eine Koalition mit SPD und Grünen ist für uns kein Thema«, unterstreicht Bülow. »Für die LINKE hier war von Anfang an klar, dass wir in die Opposition gehen.«
Mit ganz anderen Ambitionen geht die LINKE in Sachsen-Anhalt in den Wahlkampf. Spitzenkandidat Wulf Gallert hat den »klaren Anspruch«, das Bundesland »durch einen Regierungswechsel aus der politischen Stagnation zu führen«. Ein zweiter Ministerpräsident der LINKEN also. Die Voraussetzungen erinnern tatsächlich an Thüringen: Eine schwache SPD, die bei 15,5 Prozent rumdümpelt. Eine konstant starke LINKE mit derzeit 23 Prozent und eine Grüne Partei, die mit den prognostizierten sechs Prozent im Landtag vertreten wäre. Doch gegenüber »nd« wiegelt Gallert ab: »Die LINKE kämpft in Sachsen-Anhalt zunächst für ein sehr gutes eigenes Wahlergebnis, um für Rot-Rot-Grün eine klare Mehrheit gegenüber CDU und AfD zu erreichen.« Derzeit liegen beide Lager, insofern man die AfD der CDU zurechnet, ungefähr gleichauf.
Deshalb warnt der Spitzenkandidat: »Ein Selbstläufer wird das nicht, wir müssen und wollen die Leute erreichen und sie davon überzeugen, dass es in Sachsen-Anhalt besser laufen kann als unter der bisherigen Hegemonie der CDU.«
Sollte es für eine rot-rot-grüne Mehrheit reichen, so Gallert, dann werde der weitere Weg von der SPD abhängen. »Die Frage lautet doch: Geht die SPD im Widerspruch zur eigenen Programmatik ein drittes Mal eine Juniorpartnerschaft mit der CDU ein?« Werde diese Frage mit Ja beantwortet, sei das für die SPD eine »faktische Selbstaufgabe«. Deshalb resümiert der Diplompädagoge: »Es gibt noch einen Haufen Arbeit, und es gibt Grund zu Optimismus!«
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