Brisante Akten im Einkaufswagen
Hat der Magdeburger U-Ausschuss zur Wirtschaftsförderung wichtige Papiere nicht erhalten?
Akten in Einkaufswagen und Umzugskartons sorgen in Sachsen-Anhalt kurz vor Abschluss des Untersuchungsausschusses zur umstrittenen Beteiligungsgesellschaft IBG für Wirbel. Wirtschafts- und Finanzministerium äußerten sich in dieser Woche widersprüchlich dazu. Die Opposition aus Linkspartei und Grünen sprach von einem unfassbaren Vorgang und einem Höhepunkt chaotischer Verhältnisse. Auch der CDU-Abgeordnete Thomas Leimbach rügte das Verhalten der IBG.
Das Magdeburger Wirtschaftsministerium teilte am Mittwoch nach einem entsprechenden MDR-Bericht mit, es seien 125 Umzugskisten und zwei Einkaufswagen mit nicht registrierten Akten in den Räumen der derzeitigen Managementgesellschaft festgestellt worden. Weitere Akten sollen sich demnach in einer Außenstelle eines Archivs des Finanzministeriums befinden. Eine erste stichprobenartige Untersuchung habe ergeben, dass diese eigentlich dem Untersuchungsausschuss hätten übermittelt werden müssen.
Das Finanzministerium des Landes erklärte hingegen, alle relevanten Akten seien bereits übergeben worden - wegen der großen Menge teils allerdings auf zwei Laptops. Der Ausschuss selbst habe dem zugestimmt. Der Ausschuss habe zudem stets die Möglichkeit gehabt, die Akten selbst einzusehen oder anzufordern.
Die Zuständigkeit beider Ministerien ergibt sich daraus, dass seit November ein Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums als neuer Geschäftsführer der IBG tätig ist, zuvor war es dagegen ein Beamter aus dem Finanzministerium. Der neue Geschäftsführer informierte nun den Untersuchungsausschuss über die Akten.
»Es ist unfassbar, dass es nicht registrierte Akten bei der IBG geben soll. Das rundet das Bild von konfusen Zuständen in der Dokumentation von Geschäftsabläufen ab, die bereits der Landesrechnungshof im vorigen Jahr festgestellt hat«, sagte der LINKE-Abgeordnete Frank Thiel. Interessant sei auch, dass kopierte Aktenblätter gefunden worden seien, zwischen denen sich Originale von Notizen befanden. »Das lässt die Vermutung zu, dass Unterlagen vor der Weitergabe bereinigt wurden.« Der Grünen-Obmann im Ausschuss, Olaf Meister, sagte: »Das stellt den Höhepunkt der chaotischen Verhältnisse im Umgang der Landesregierung mit der IBG-Affäre dar.« Die kompletten Akten hätten zu Beginn der Ausschussarbeit, nicht aber an deren Ende vorgelegt werden müssen. »Dies zeigt exemplarisch die ungenügende Bereitschaft der Landesregierung, an der Aufklärung mitzuwirken.« Der CDU-Abgeordnete Thomas Leimbach warf der IBG Nachlässigkeit im Umgang mit Akten und dem Auskunftsersuchen des Ausschusses vor. Er bezweifele aber, dass neue Akten zu neuen Erkenntnissen führen. »Ob sich daraus überhaupt nennenswerte Änderungen der bisherigen Beurteilungen ergeben, ist zweifelhaft.« Wenn notwendig, müsse sonst in der neuen Wahlperiode die Arbeit des Ausschusses fortgeführt werden. Auch die LINKEN erwägen weitere Untersuchungen. Formal wäre die Neuauflage des Untersuchungsausschusses denkbar, da nach der Landtagswahl ein neuer Landtag tagt.
Die IBG sollte mit Risikokapital die Wirtschaft fördern. Inwieweit das erfolgreich war, ist unter den Parteien umstritten. Kritisiert wurde unter anderem, dass ein früherer Manager der landeseigenen Beteiligungen sich auch privat an Firmen beteiligte und somit von der Landesförderung profitieren konnte. Zudem waren gleich zahlreiche Beteiligungen mit der Firmengruppe eines früheren SPD-Politikers vereinbart worden. Als diese Firmen in Schieflage gerieten, wurde - entgegen den Zielvorgaben für die IBG - weitere Hilfe zugesagt.
Am Mittwoch berieten die Fraktionen über den Abschlussbericht des Ausschusses - wollen aber wie erwartet kein gemeinsames Papier vorlegen. Die LINKE warf der CDU/SPD-Landesregierung vor, die IBG mangelhaft überwacht zu haben. Kritik des Rechnungshofes seit dem Jahr 2003 habe zu keinen Änderungen geführt. Die Grünen kündigten ein Sondervotum an und sprachen von Versäumnissen und Verstrickungen des Finanz- und Wirtschaftsministeriums. Der Landtag will in seiner letzten Sitzung vor der Wahl am 28./29. Januar über die Ergebnisse des Ausschusses debattieren. dpa/nd
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