»Immerhin gab es ernsthafte Ermittlungen«

Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck über die Erfolgsaussichten der Gerichtsprozesse in Argentinien und Brasilien

  • Lesedauer: 3 Min.

Wie verlief die Klage gegen Mercedes in Argentinien?

Gegen Mercedes-Benz in Argentinien wurden insgesamt drei Klagen angestrengt. Ich war der Anwalt in dem sogenannten deutschen Fall. Auf der Basis der Recherche der Journalistin Gaby Weber erstattete ich 1999 Strafanzeige gegen den deutsch-argentinischen Produktionsleiter Juan Tasselkraut. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt, mit der nicht besonders überzeugenden Begründung, dass nicht nachgewiesen werden könne, dass die Verschwundenen tatsächlich im strafrechtlichen Sinne ermordet wurden.

Da dieses Verfahren in Deutschland in Gang kam und Öffentlichkeitsarbeit geleistet wurde, fand sich dann auch in Argentinien eine Gruppe von Gewerkschaftern zusammen, die dort eine Strafanzeige anstrengten. Über diese wurde bis heute nicht endgültig entschieden. Und dann kam es noch zu einer Schadensersatzklage in den USA, die nach zehn Jahren aber auch abgewiegelt wurde.

Wie sind die Aussichten im noch offenen argentinischen Prozess?

Die Vergangenheitsaufarbeitung in Argentinien läuft so gut wie nirgendwo sonst. Da ist in den letzten Jahren eine Menge passiert, aber im Fall Mercedes wurde trotzdem noch niemand verurteilt. Was das noch laufende Verfahren angeht, wird es mit dem frisch gewählten wirtschaftsnahen Präsidenten Mauricio Macri sehr schwierig werden voranzukommen. Wenn schon während der Regierungen der Kirchners Hindernisse bestanden, dann jetzt erst recht.

Aber immerhin hat es in Argentinien ernsthafte Ermittlungen gegeben. Insofern sehe ich das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn vor diesem Fall war es nicht üblich, überhaupt diese Art Beteiligung von Unternehmen an Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen.

Wie stehen aus juristischer Sicht die Erfolgschancen der Sammelklage gegen VW in Brasilien?

Strafrechtlich gegen Unternehmen vorzugehen kann sehr schwer sein, denn man muss im Einzelnen nachweisen, wer dort was gewusst hat. Das ist umso komplizierter, wenn 30 Jahre nicht ermittelt wurde, wie im Falle Brasiliens, wo die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit viel später anfing als in Argentinien. Deshalb ist die Idee einer zivilrechtlichen Klage im Grunde genommen auch viel sinnvoller, da man nicht einzelne Personen verklagt, sondern die Körperschaft, die juristische Person.

Was würden Sie den ehemaligen Arbeitern in Brasilien raten?

Sich sehr schnell transnational zu vernetzen und zwar sowohl auf der Gewerkschafts- als auch auf der Kommunikations- und der juristischen Ebene. Sie müssen versuchen überall Druck zu machen, sich Unterstützung beim Gesamtbetriebsrat in Deutschland holen, mit großen Medien in Kontakt treten und dann natürlich mit uns gemeinsam überlegen, was man auf juristischer Ebene noch machen kann. Wenn sie es schaffen, den Fall hier in Deutschland zum Thema zu machen, hätten sie größere Chancen. Je unangenehmer es hier in Deutschland für VW wird, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass etwas passiert. Man muss das Problem nach Deutschland tragen, wo es herkommt.

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