Nordafrikaner sollen schneller abgeschoben werden können

Grüne warnen vor Einstufung der Maghrebstaaten als sichere Herkunftsländer / Geringe Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus Marokko, Algerien und Tunesien/ Menschenrechtslage oft unklar

  • Lesedauer: 3 Min.
Asylanträge von Algeriern, Marokkanern und Tunesiern sollen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) jetzt mit Vorrang bearbeitet werden. Experten und Opposition warnen vor unüberlegtem Handeln.

Nürnberg. Asylanträge von Algeriern, Marokkanern und Tunesiern sollen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) jetzt mit Vorrang bearbeitet werden. Nach einem entsprechenden Erlass des Bundesinnenministeriums liefen die Vorbereitungen für die sogenannte prioritäre Bearbeitung auf Hochtouren, sagte ein Sprecher am Dienstag. Voraussichtlich könne rasch damit begonnen werden. Ziel der Maßnahmen ist es, die Verfahrensdauern deutlich zu verkürzen.

Bislang dauern die Asylverfahren von Marokkanern und Tunesiern im Schnitt mehr als zehn Monate, bei algerischen Asylsuchenden knapp acht. Dies ist deutlich mehr als bei anderen Ländern: Die durchschnittliche Verfahrensdauer über alle Herkunftsstaaten liegt derzeit bei rund fünf Monaten. Die Zahl der Asylbewerber aus Marokko und Algerien war zuletzt kräftig gestiegen.

Menschen aus den drei Ländern haben schlechte Chancen, in Deutschland bleiben zu dürfen. Nur 3,7 Prozent der Anträge von Marokkanern werden bewilligt. Bei Menschen aus Algerien sind es 1,6 Prozent und bei Tunesiern sogar nur 0,2 Prozent. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich daher dafür ausgesprochen, die Länder zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Damit hätten Asylbewerber von dort kein Recht auf Asyl in Deutschland.

Bislang werden bereits Asylanträge etwa von Syrern, Eritreern und Menschen vom Westbalkan vorrangig vom BAMF bearbeitet.

Experte warnt vor Kappung der Entwicklungshilfe für Nordafrika

Der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tunesien hat vor Überlegungen gewarnt, den Maghreb-Staaten die Entwicklungshilfe zu kappen, wenn sie abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen. »Wie es ohne Entwicklungszusammenarbeit in Europa aussehe, diese Frage muss man sich ja auch mal stellen«, sagte der Chef des Tunesien-Büros der CDU-nahen Stiftung, Hardy Ostry, am Dienstag im Deutschlandfunk. Statt solcher Drohungen müsse Europa auf eine stärkere Kooperation mit Ländern wie Marokko, Algerien und Tunesien drängen.

Die Regierungen in der Region versuchten bereits, ihren Bürgern klarzumachen, dass sie in Deutschland kaum Chancen auf Asyl haben. Trotzdem sei eine Flucht nach Europa für viele junge Nordafrikaner, die in ihrer Heimat wegen hoher Arbeitslosigkeit kaum Perspektiven sähen, verführerisch - selbst wenn sie dann illegal in Deutschland lebten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Algerien und Marokko mit Einschnitten bei Finanzhilfen gedroht, falls sie ihre aus Deutschland abgeschobenen Bürger weiter nicht zurücknehmen. Auch der neue Chef der Innenministerkonferenz, der saarländische Ressortchef Klaus Bouillon (CDU), hatte sich für entsprechende Kürzungen ausgesprochen.

Grüne gegen Einstufung norafrikanischer Staaten als sichere Herkunftsländer

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Brantner lehnt die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer ab.

Gegenüber dem Deutschlandfunk betonte sie: »Diese Forderungen zeugen eher von Verzweiflung und Symbolpolitik als von irgendeiner Kenntnis dieser Länder. In Algerien besonders ist die Menschenrechtslage auch wirklich noch sehr schwierig, in Marokko genauso.« Zwar sei Tunesien auf einem guten Weg, aber auch dort sei man noch weit entfernt davon, dass man dort von einem sicheren Herkunftsland sprechen könnte. Agenturen/nd

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