Spähtrupps statt Kavallerie

Briefkastenfirmen, Steuerhinterziehung und Geldwäsche sind seit langem ein Thema für Regierungen, G20-Gipfel und IWF-Tagungen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die »Panama-Papiere« schweben drohend über der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank am Wochenende in Washington. Dabei hat der Versuch, Finanzoasen trockenzulegen, eine bewegte Geschichte.

Das Reiz-Reaktions-Schema ist bei jedem öffentlichen Skandal gleich: Zuerst kommt die große Empörung, dann folgen aktionistische Pläne. In Deutschland vielleicht am bekanntesten blieb die Drohung des ehemaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (SPD), die Kavallerie auszuschicken, um die Schweiz zum Einlenken im Steuerstreit zu bewegen. Auch auf die Enthüllung der »Panama-Papiere« reagierte die Politik mit der Ankündigung entschlossener Maßnahmen - anschließend passierte wenig.

Richtig Fahrt nahm das Thema Kampf gegen Steuerhinterziehung aber erst 2010 durch US-Präsident Barack Obama auf: Mit dem »Foreign Account Tax Compliance Act« (FATCA) will die Regierung erreichen, dass sämtliche im Ausland gehaltenen Konten von Personen, die in den USA steuerpflichtig sind, besteuert werden können. Um FATCA durchzudrücken, setzten die US-Behörden die Schweiz massiv unter Druck. 2014 wurde in Bern dann ein Schweizer FATCA-Gesetz erlassen. Seither liefern Banken Daten über US-Kunden an die US-Steuerbehörden. Andere Länder wie die Bundesrepublik unterschrieben ähnliche Staatsverträge mit den USA.

Um Informationsaustausch geht es auch der OECD. Ursprünglich ein Zusammenschluss der Industriestaaten versucht die Organisation, den »Offshore-Finanzzentren« - wie es die Weltbank nennt - global beizukommen. 1998 publizierte die OECD-Finanzpolizei (»Financial Action Task Force«) erstmals Kriterien für eine »schädliche Steuerpraxis«, zwei Jahre später folgte eine Schwarze Liste, auf der 35 Steueroasen genannt wurden. Die Kriterien für eine Aufnahme in die unrühmliche Liste: Kein effektiver Informationsaustausch mit den 34 OECD-Staaten und mangelnde Transparenz gegenüber dem Ausland.

Ursprünglich hatten Steueroasen und Kapitalflucht als typisch »linke« Themen gegolten. Aber in vielen hoch verschuldeten Regierungen setze sich die Erkenntnis durch, dass dubiose Steuerpraktiken »wettbewerbsschädlich seien«, sagte ein OECD-Sprecher damals. Nach und nach zeigten sich die Steuerparadiese kooperationsbereit und verschwanden - wie Panama - von der Schwarzen Liste. Die Wirklichkeit hatte sich allerdings kaum verändert.

Hier setzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an. Er reiste zum Treffen der Finanzminister am Rande der IWF-Frühjahrstagung mit seinem Zehn-Punkte Plan zum Austrocknen von Steueroasen an - der auch von den deutschen Banken unterstützt wird. Etwa 100 Staaten wollen ab 2017 die Finanzdaten ihrer Bürger austauschen, Geldströme ins Ausland kontrollieren und so die Steuerflucht eindämmen. Länder, die den Informationsaustausch nicht mitmachen wollen, werden auf einer neuen Schwarzen Liste der OECD landen. Am Mittwoch fand dazu in der Pariser Zentrale der Organisation ein weiteres Expertentreffen statt.

Während der Datenaustausch über Ländergrenzen hinweg vornehmlich auf Steuerhinterzieher, Geldwäscher und Terroristen abzielt, hat die EU am Dienstag einen Aktionsplan für mehr Steuertransparenz von Multis veröffentlicht. Attac kritisiert ihn als löchrig. Weiter zielt der Aktionsplan der G20-Staaten: Er soll Gewinnkürzung und -verlagerung, im Fachjargon »Base Erosion and Profit Shifting« (BEPS), unterbinden. Betroffen wären nicht nur Großkonzerne, sondern auch viele Mittelständler.

Aber schon der Berg an teils unkoordinierten Aktionen wird neue legale Schlupflöcher schaffen. Zudem steckt die Tücke wie so oft im Detail: In den Vereinigten Staaten dürfte der Kongress das Projekt wenigstens bis nach der Präsidentenwahl im November blockieren. Zudem unterhalten die USA selbst in einigen Bundesstaaten Offshore-Finanzzentren.

Und Transparenz ist nicht alles: So lange Staaten mit niedrigen Steuern werben, werden Unternehmen angezogen. Und viele dieser Steueroasen wie Irland oder eben Panama haben kaum andere Möglichkeiten, um sich in der Weltwirtschaft mit den großen Akteuren wie Deutschland oder China zu behaupten. Andernorts mangelt es weniger an guten Regeln als vielmehr an deren Umsetzung. So hat Panama ein bereits im Jahr 2013 mit Deutschland ausverhandeltes Steuerabkommen immer noch nicht unterzeichnet.

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