Die Würfel sind gefallen
Martin Ling über das politische Schicksal von Dilma Rousseff
Die Ex-Guerillera Dilma Rousseff will bis zum Ende gegen das Amtsenthebungsverfahren kämpfen, obwohl die Opposition ihren Stab über sie gebrochen hat: Der Senat wird dem Abgeordnetenhaus folgen.
Brasiliens Präsidentin Rousseff hat in vielen Punkten recht. Es handelt sich in der Tat um eine Art institutionellen Putsch, mit der sie aus dem Amt gedrängt wird. Die Opposition will nicht bis zum nächsten Wahltermin warten, ja nicht einmal Neuwahlen ist ihr Begehr, sondern die Übernahme der Fleischtöpfe der Macht. Dass es da nicht zuletzt um Selbstbereicherung geht, ist naheliegend bei einem Kongress, bei dem gegen 60 Prozent der Mitglieder wegen Verbrechen wie Geldwäsche, Bestechung, Betrug ermittelt wurde oder wird. Dilma Rousseff ist nicht darunter, ihr werden nur Offizialdelikte wie Bilanztricksereien vorgeworfen, mit noch juristisch zu prüfender Relevanz. Ihr Problem ist ihre nicht zündende Wirtschaftspolitik.
So fragwürdig das Vorgehen und die Motive der brasilianischen Opposition - angeführt von Überläufern aus der erodierenden Regierungskoalition - auch sind, Fakt ist: Gäbe es in Brasilien ein konstruktives Misstrauensvotum wie in Deutschland, wäre Rousseff längst weg. In Brasilien steht dieser Weg nicht offen. Eines von vielen Defiziten eines Systems, das generalüberholt gehört, bevor die Demokratie gänzlich den Bach heruntergeht.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.