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Obama und Merkel schauen nicht bei VW vorbei

Beim Messerundgang in Hannover kein Besuch am Volkswagen-Stand - Digitalthemen dominieren

  • Hagen Jung, Hannover
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit ihrem Rundgang haben US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel die Hannover-Messe fürs Fachpublikum eröffnet. Eventuelle Peinlichkeiten wurden im Vorfeld ausgeschlossen.

Das lange gehütete Geheimnis, welche der 26 Hallen auf Hannovers Messegelände Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag besuchen würden, lüfteten Arbeiter am Sonntagmorgen. Wer zu dieser Zeit über das Areal spazierte, sah die fleißigen Männer beim Ausrollen roter Teppiche zu drei Eingängen. Keiner der Läufer verlief in Richtung jener Halle, in der sich der VW-Konzern auf der Hannover-Messe präsentiert. Unter anderem mit einem plakativen Hinweis auf die Produktion des neuen SUV Tiguan im VW-Werk Chattanooga in den USA. Auch das hatte die Planer des Promi-Eröffnungsrundgangs über die weltgrößte Industrieschau nicht dazu bewogen, den Stand der Autoschmiede ins Programm aufzunehmen.

Fast schon ein Traditionsbruch, denn in den vergangenen Jahren wurde den Staatschefs der Partnerländer auf der Messe gern Volkswagen als Flaggschiff deutscher Industrie vorgestellt. Der Abgasskandal und der damit verbundene Ärger zwischen den USA und VW könnten das Besuchsmanagement zum Meiden des Standes bewogen haben. Oder wurde von Merkel und Obama höchstselbst der Wunsch geäußert, Volkswagen wegen »Dieselgate« auszulassen? Spekulationen. Eine offizielle Begründung gibt es nicht.

Und so blieben dem Präsidenten Peinlichkeiten erspart, die ein Stopp bei den Wolfsburgern womöglich hätte aufkommen lassen. Gut gelaunt ließ sich Obama zweieinhalb Stunden lang an der Seite Merkels über Produktneuheiten und aktuelle Forschungsergebnisse informieren. Über eine besonders für amputierte Sportler hilfreiche, im digital gesteuerten 3-D-Drucker hergestellte Unterschenkelprothese zum Beispiel oder über die Entwicklung eines Pkw vom »digitalen Abbild« bis zum fertigen Auto.

Digitalisierung, »intelligente« Maschinen, die sich in puncto Funktionstüchtigkeit selbst überwachen, und immer mehr Software, die dem Menschen das Zupacken abnimmt: Das Motto der Hannover-Messe 2016 lautet »Industrie 4.0«. Auch ein Blick auf die vertretenen Branchen zeigt, dass das Industrielle, verknüpft mit dem Digitalen, dominiert. Mit 1777 Ausstellern steht der Bereich »industrielle Automatisierung« an der Spitze. Industriebedarf bieten 1475 Firmen an, mit Innovationen für die »digitale Fabrik« sind 492 Anbieter nach Hannover gereist. Viel Raum wird der Energieversorgung gewidmet, unter diesem Stichwort sind 1518 Messestände zu finden.

Die Messe wendet sich an ein Fachpublikum. Seit Jahrzehnten sind die Zeiten vorbei, in denen sich die bei den meisten Ausstellern wenig beliebten »Sehleute« Tüten und Taschen mit kleinen Werbegeschenken wie Kugelschreibern oder Radiergummis vollstopften und mit Infomaterial, das sie noch auf dem Gelände wegwarfen. Jene Besucher sind fortgeblieben, nachdem die Messe Alltagsprodukte wie Lampen oder Porzellangeschirr aus dem Programm nahm.

Aber auch Technikbegeisterte, die nicht aus kommerziellen Motiven nach Hannover kommen, werden noch bis zum kommenden Freitag allerlei Interessantes entdecken. Den Gabelstapler etwa, auf dem niemand mehr sitzt und der auf Zurufe wie »hol mir mal die Kiste mit den Getriebeteilen aus Regal zwei« dank Sprachsteuerung ruck, zuck das Gewünschte heranschafft. Oder den »InspektoKopter«: einen fliegenden Roboter - die Entwickler vermeiden das Wort »Drohne« -, der die Rotorblätter von Windkraftanlagen inspiziert und per Kamera sicherheitsrelevante Material- oder Konstruktionsfehler aufspürt.

Autofreaks können Techniken bestaunen, die irgendwann einmal das »Fahren ohne Lenken« gestatten werden, aber auch einen echten Oldie. Das Volkswagenwerk begeht den 40. Geburtstag des vor allem bei jungen Menschen beliebten VW Golf GTI. Neben dem neuesten, 220 PS starken Modell steht eines von 1976, ein Flitzer, der sich mit 110 PS bescheiden musste. Ein Stück deutscher Nostalgie, dessen Anblick dem US-Präsidenten entgangen ist.

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