Zweihundert Jahre Krisen und Flucht

Migrationsdebatte

  • Rainer Holze
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit den in derzeitigen hitzigen öffentlichen Debatten vielfach ausgesparten Ursachen von Flucht und Migration befasst sich dankenswerterweise die seit 27 Jahren erscheinende »Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung« in ihrem Heft 105. »Die gegenwärtig zu beobachtenden massenhaften Fluchtbewegungen im und aus dem Nahen und Mittleren Osten, aus Afrika und vom Balkan sind vor allem das Ergebnis von internationalen Krisen, deren Auslöser Jahre, teilweise Jahrzehnte, zurückliegen«, wird im einleitenden Beitrag der »Z«-Redaktion konstatiert. Im Fokus stehen die kriegerischen Interventionen des Westens im Zeichen eines neuen Imperialismus, die zur Destabilisierung und zum Zerfall staatlicher Ordnungen ganzer Regionen führten und bei denen stets nach dem Motto »Der Feind unseres Feindes ist unser Freund« der »Terrorismus« erst hochgezüchtet wurde.

Elmar Altvater (Berlin) untersucht unter dem Titel »Offene Märkte, geschlossene Grenzen« die Flucht- und Migrationsbewegungen im Kontext mit dem Prozess der Liberalisierung und Deregulierung, für den er den Begriff »negative Integration« wählte. In dem Maße, wie diese die ökonomischen Ungleichgewichte und Gegensätze verstärkten, erfolgte eine Zunahme der Regulierung von Menschen. Doch ohne Migration ende die europäische Integration als monströser Markt.

Wie wichtig Migration für den kapitalistischen Arbeitsmarkt ist, zeigt Jane Hardy (Hatfield, Herfordshire/Großbritannien) vorrangig am Beispiel der Vereinigten Staaten und Großbritanniens in den letzten 200 Jahren. Der Kapitalismus habe Migration nach dem Prinzip »Teile und Herrsche« gesteuert und zu steuern versucht. In Phasen des konjunkturellen Aufschwungs werde mit migrantischen Beschäftigten die Lohnarbeit verbilligt, in Krisenzeiten seien jene die ersten, die arbeitslos werden. Es sei möglich, so Hardys Überzeugung, migrantische und einheimische Beschäftigte zu einer gemeinsamen Interessenvertretung zusammenzuführen. Boniface Mabanza Bambu (Heidelberg) zeigt, dass eine Bekämpfung der strukturellen Fluchtursachen für die Bundesrepublik bedeuten würde, ihre Handelspolitik grundsätzlich zu revidieren. Und Christoph Butterwegge (Köln) betont, dass die Migrations- und Flüchtlingsbewegungen als ein globales Problem auch nur global gelöst werden können.

»Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung«, Heft 105, 223 S. Einzelheft 10 €, Bestellungen an die Redaktionsadresse, PF 500936, 60397 Frankfurt am Main, Tel./Fax: (069) 53 05 44 06.

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