AfD-Politiker will Homosexuelle in den Knast stecken
Sachsen-Anhalt: Rechtspopulist fordert laut vorläufigen Plenarprotokoll Haftstrafe für Lesben und Schwule / Thüringen: Höcke geht juristisch gegen LINKEN-Regierungschef Ramelow vor
Magdeburg. Die rechtspopulistische AfD in Sachsen-Anhalt hat mit einer Äußerung eines Abgeordneten zu Homosexuellen für Empörung im Landtag gesorgt. Laut vorläufigem Landtagsprotokoll, das die LINKEN-Politikerin Henriette Quade am Freitag auf Twitter veröffentlichte, hat der AfD-Politiker Andreas Gehlmann am Vortag in einem Zwischenruf eine Gefängnisstrafe für Homosexuelle gefordert.
AfD-Fraktionschef André Poggenburg sagte am Rande der Sitzung, er habe den Zwischenruf nicht gehört. Andernfalls hätte er interveniert. Das Protokoll ist vorläufig, weil der Redner in der Regel noch prüfen kann, ob er richtig wiedergegeben wurde.
Quade hatte am Donnerstag in einer Rede zum Asylkompromiss erklärt, dass in den Maghreb-Staaten Homosexuellen Gefängnis drohe, wenn sie diese offen auslebten. Daraufhin rief Gehlmann dem Protokoll zufolge: »Das sollten wir in Deutschland auch machen.«
Der Zwischenruf, der im Videomitschnitt der Rede nicht zu hören ist, geht nach Angaben von Quade aus dem vorläufigen stenografischen Protokoll der Landtagsverwaltung hervor. Die Äußerung zeige das Menschenbild der AfD, sagte Quade in einer persönlichen Erklärung im Landtag. »Das ist unerträglich.« Eine direkte Erwiderung der AfD ließ der Landtagspräsident nicht zu, weil Debatten zu persönlichen Erklärungen in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen sind.
Streit um sogenannten Hitlergruß: Höcke verklagt Ramelow
Juristische Ärger gibt es indes in Thüringen: Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD, Björn Höcke, geht gegen den LINKEN-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow vor. Er habe eine Unterlassungserklärung erhalten, bestätigte der Ministerpräsident der »Thüringer Allgemeinen«. »Ich finde das sehr irritierend«, sagte Ramelow der Zeitung. Der Vorwurf sei »absurd«. Höcke beanstande die Verbreitung eines Fotos, das ihn am 18. Mai dieses Jahres in Erfurt auf einer AfD-Demonstration gegen einen geplanten Moschee-Bau zeige. Auf dem Bild sei zu sehen, wie der AfD-Landtagsabgeordnete mit erhobener rechter Hand die Menge grüße, schreibt die Zeitung.
Ramelow habe dieses Foto am 20. Mai mehrfach im sozialen Netzwerk Twitter geteilt. Einer der Retweets, der immer noch in der Chronik seines Kontos stehe, soll unter anderem mit dem Kommentar »#Hitlergruß im #Abendland« versehen sein. Der Tweet verweise zudem auf einen Online-Artikel der Berliner »tageszeitung«, der mit dem beklagten Foto illustriert sei.
Thüringens Regierungssprecher Günter Kolodziej sagte der »Thüringer Allgemeinen« (TA), Höcke sehe durch Ramelow seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Er verlange neben der Unterschrift unter eine Unterlassungserklärung Schadensersatz in Höhe von 6.000 Euro und die volle Begleichung der Anwaltskosten in Höhe von knapp 1.200 Euro. Wenn Ramelow nicht unverzüglich den Tweet lösche oder er seine Behauptung wiederhole, drohe jeweils eine Strafzahlung von mindestens 20.000 Euro.
Für den Fall, dass der Ministerpräsident nicht auf die Forderungen eingeht, wolle Höcke Klage bei Gericht einreichen. Kolodziej sagte, die Staatskanzlei prüfe nun das weitere Vorgehen, auch weil die Klage offenbar auf Ramelow als Privatmann ziele. Ramelow habe sein Twitter-Konto, das rund 16.600 Menschen abonniert hätten, zuvor mehrfach als privat bezeichnet, schreibt die »TA«. Der Ministerpräsident habe ihr gegenüber erklärt, er hätte die Angelegenheit inzwischen seinem Anwalt übergeben.
Höcke war für die »TA« am Freitag nicht zu erreichen. Seine Sprecherin teilte auf Nachfrage mit: »Mit dem Hashtag '#Hitlergruß' und dem Zusammenwirken von Text und Fotografie, vermittelt Ministerpräsident Ramelow den Lesern in seinem Twitter-Kanal den Eindruck, Herr Höcke habe den umgangssprachlich als 'Hitlergruß' bezeichneten, 'Deutschen Gruß' gezeigt, was strafbar wäre.« Höcke habe aber »selbstverständlich« nichts dergleichen getan. Auf Nachfrage hieß es, dass der AfD-Fraktionsvorsitzende in diesem Zusammenhang noch weitere Unterlassungsklagen vorbereite oder bereits verschickt habe, so die Zeitung. Agenturen/nd
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