Plötzlich gegen das große Idol
Nach dem Sieg gegen Österreich geht Islands EM-Traum im Achtelfinale weiter. Nun geht es gegen England
Am Mittwoch Abend hat Kari Arnason eine ausgelassene Party mit ein paar Freunden gefeiert. »Freunde«, so nannte der isländische Nationalverteidiger seine Teamkollegen nach dem 2:1-Sieg gegen Österreich. Der bescherte einem Team den Einzug ins Achtelfinale, das vor Turnierbeginn als krassester Außenseiter in Frankreich gegolten hatte. »Es ist großartig, so etwas mit seinen Freunden zu erleben«, sagte Arnason, der im verschwitzten Trikot und in Fußballschuhen zur Pressekonferenz erschien. »Dass uns hier 10 000 Fans unterstützt haben, war auch unglaublich«, fuhr er fort. »Von denen kenne ich jeden zweiten persönlich.«
Kurz zuvor hatte der eingewechselte Arnor Traustason in der letzten Minute der Nachspielzeit einen Konter nach schönem Zuspiel von Theodor Bjarnason mit letzter Kraft über die Linie gegrätscht (90.+4.). Es war das Siegtor für Island, nachdem Alessandro Schöpf (60.) den Führungstreffer des bei Kaiserslautern spielenden Jon Bödvarsson ausglichen hatte (24.). Österreich, das nach nervöser erster Hälfte in der zweiten das bessere Team war, muss hingegen als Gruppenletzter nach Hause fahren.
Island trifft dafür am kommenden Montag auf England und damit auf das Land, das der fußballerische Referenzpunkt auf der 330 000-Einwohner-Insel ist. Wie selbstverständlich haben fast alle Kinder dort einen Lieblingsverein aus der Premier League, deren Spiele die Menschen vor die Fernseher treiben. »Ich glaube, sie kennen unsere Spieler nicht so gut. Wir ihre schon«, sagte dann auch Teammanager Heimir Hallgrimsson, der sich mit dem Schweden Lars Lagerbäck die Trainingsarbeit bei der Nationalmannschaft teilt. »In Island wissen wir alles über den englischen Fußball. Wir sind fußballerisch sehr anglophil.«
Für Verteidiger Arnason gilt das allemal. Der kantige Verteidiger, der schon in der zweiten englischen Liga bei Plymouth und Rotherham spielte, outete sich als Fan der »Three Lions«: »Mein ganzes Leben lang habe ich bei großen Turnieren immer England unterstützt. Dass wir jetzt selbst gegen sie spielen, ist wie ein Traum.«
-
/ Maik RosnerGlaube versetzt VulkaneDie Isländer wollen sich bei der EM auch nicht vom Gastgeber stoppen lassen
-
/ Frank WillmannDer »Ballesterer« wird 25: Liebesgrüße nach WienIn diesen Tagen feiert das österreichische Fußballmagazin »Ballesterer« seinen 25. Geburtstag.
-
/ Ronny BlaschkeFreude und Terror im FußballstadionDie Nazis nutzten Sportstätten für die Internierung von Zwangsarbeitern und als Sammelstellen für den Transport in die Konzentrationslager
So sieht das wohl auch Teammanager Hallgrimsson, der dennoch noch mal die Ausgangslage unterstrich: »Selbst wenn gegen England alle das beste Spiel ihres Lebens zeigen, heißt das noch nicht, dass wir gewinnen werden.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.