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»Wir müssen solidarisch in die Offensive gehen«

Die Politikwissenschaftlerin Beatriz Rajland über Antworten von unten auf Macris Politik von oben

  • Lesedauer: 3 Min.

Wie bewerten Sie die Reaktion der Arbeiter*innenbewegung auf das Strukturanpassungsprogramm der aktuellen Regierung?

Bis jetzt war die Reaktion durchaus ermutigend. Viele ziehen heutzutage einen Vergleich mit der Situation der 90er Jahre, in denen unter Carlos Menem (1989-1999) der neoliberale Kurs der bis dato letzten Diktatur von 1976 bis 1983 verfestigt wurde. Meiner Meinung nach gibt es aber einige wichtige Unterschiede zwischen Menem und Macri. Damals gab es einen Rückzug der Arbeiterbewegung und generell der sozialen Bewegungen. Die Menschen hatten zu viel Angst, ihre Arbeit zu verlieren. Dabei wurde aber kein solidarischer Ausweg gesucht, sondern der Individualismus gestärkt. Erst nach der Staatskrise und dem Bankrott 2001 organisierten sich die Protestbewegungen neu. 2001 schafften sie es, unter ihnen die Arbeiterbewegung, in die Offensive zu kommen. Mit dieser historischen Erfahrung ist die aktuelle Antwort der Arbeiterbewegung auf die rechte Regierung nicht die gleiche wie damals.

Wie macht sich das bemerkbar?

Es gab von Anfang an starke Protestreaktionen, vor allem auf die Entlassungswelle im öffentlichen Dienst, aber auch auf jene in der Privatwirtschaft. Den Protesten wurde zwar teils mit harter Gewalt von staatlicher Seite aus begegnet, sie waren aber dennoch durchaus erfolgreich. Viele der Entlassenen wurden wieder eingestellt. In dieser Reaktion zeigt sich eindeutig der aus der Krise 2001 hervorgegangene Lernprozess. Wir kommen oft weiter, wenn wir solidarisch organisiert in die Offensive gehen, als wenn jeder allein in seiner Angst verharrt.

Welche Rolle spielt in dem aktuellen Kontext das kürzliche Urteil des Obersten Gerichtshofes, das das Streikrecht einschränkt?

Dieses Gerichtsurteil hebt vorherige, positivere Beschlüsse auf und legt fest, dass nur noch juristisch anerkannte Gewerkschaften das Streikrecht haben. Genau den kämpferischsten Gewerkschaften fehlt diese Anerkennung aber oft. Das stärkt die obrigkeitshörigen Gewerkschaften, die gemeinsame Sache mit den Arbeitgebern machen. Ein solches Urteil hängt eindeutig mit dem Regierungswechsel zusammen, die aktuelle Regierung legitimiert diese Gewerkschaften. Zusammen mit dem im Februar erlassenen Sicherheitsprotokoll, das zu unserem Glück bis jetzt noch nicht angewendet wurde, wird die immer stärkere Unterdrückung des sozialen Protests deutlich.

Welches sind die entscheidenden Akteure der aktuellen Proteste und Mobilisierungen?

Ich denke, die Gewerkschaftsbewegung ist die wichtigste, einfach weil sie die größte Mobilisierungskapazität hat. An der Spitze steht dabei die Gewerkschaft der Staatsangestellten ATE, auch weil diese Gruppe am stärksten von den Entlassungen betroffen ist. Es gab auch Protestaktionen der Arbeiter des informellen Sektors, die ihre Rechte einforderten. Auch an den Schulen und Universitäten wurde gestreikt. Die Mobilisierung der Studierenden war seit vielen Jahren nicht mehr so intensiv. Sie solidarisierten sich einerseits mit den Dozenten, die Gehälter fordern, die annähernd die Inflation von rund 40 Prozent ausgleichen, andererseits haben sie eigene Forderungen, beispielsweise die Universitäten besser auszustatten und für Vergünstigungen im öffentlichen Transport. Das Wichtige ist, dass es Bewegung gibt. Was wir bis jetzt weder auf politisch-institutioneller noch auf Bewegungsebene haben, ist eine gemeinsame Strategie.

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