Hinkley Point C wieder in der Schwebe

So schnell wird das britische AKW wohl nicht gebaut

  • Peter Stäuber, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Frankreichs Nuklearkonzern EDF hat grünes Licht für den Bau des englischen AKW Hinkley Point C gegeben. Nun nimmt sich aber London Bedenkzeit. Risiken gibt es einige.

Die britische Regierung hat überraschend angekündigt, den Bau des umstrittenen Atomkraftwerks Hinkley Point C zu überprüfen. Dabei hatte der Verwaltungsrat des französischen Energiekonzerns EDF am Donnerstag dem Projekt nach jahrelangem Zögern zugestimmt. Nun will die britische Regierung aber noch einmal in die Bücher schauen.

In Hinkley Point C in der Grafschaft Somerset sollen zwei Reaktoren entstehen, die sieben Prozent der Energie Großbritanniens bereitstellen könnten. Die Bauarbeiten werden laut EDF 25 000 Stellen schaffen. Der französische Konzern, zu 85 Prozent in staatlicher Hand, wird den Großteil der Kosten von 18 Milliarden Pfund (21,4 Milliarden Euro) übernehmen, das chinesische Unternehmen CGN rund ein Drittel.

Das Projekt ist vor allem aufgrund einer merkwürdigen Vereinbarung in die Kritik geraten: EDF soll über 35 Jahre einen Fixpreis für die von Hinkley Point C generierte Elektrizität erhalten. Der britische Staat garantiert einen Abnahmepreis von 91,5 Pfund pro Megawattstunde, über das doppelte des Großhandelspreises. Damit würden die Konsumenten die Firma mit rund 30 Milliarden Pfund über drei Jahrzehnte subventionieren. Das Kraftwerk sei »der teuerste weiße Elefant in der Geschichte Großbritanniens«, sagte Caroline Lucas, einzige Grünen-Abgeordnete im Unterhaus.

Dazu kommt, dass andere Projekte von EDF in Schwierigkeiten stecken und die Kompetenz der Firma in Zweifel gezogen wird. Der Bau des größten Nuklearreaktors der Welt im französischen Flamanville ist Jahre im Verzug, die Kosten haben sich verdreifacht. Auch hat die französische Behörde für Nuklearsicherheit schwere Mängel im Stahlmantel von Flamanville entdeckt. EDF hat zudem wegen der niedrigen Energiepreise massive Schulden angehäuft, eine Investition in der Größenordnung von Hinkley Point stellt ein großes Risiko dar. Aus diesem Grund warf der Finanzchef des Konzerns im Frühjahr das Handtuch, am Donnerstag trat ein weiteres Verwaltungsratsmitglied zurück.

Für Großbritannien wäre die Investition dagegen ein willkommenes Zeichen, dass die Europäer auch nach dem Brexit gewillt sind, mit den Briten im Geschäft zu bleiben. Umso erstaunlicher ist die Ankündigung von Energieminister Greg Clark, Anfang Herbst endgültig über Hinkley Point C zu entscheiden. Der Energiesekretär der Gewerkschaft GMB, Justin Bowden, bezeichnete den Schritt als »verwirrend und bescheuert«. Die Verzögerung gefährde Tausende Jobs. Auch ein Vertreter der chinesischen Nuklearindustrie zeigte sich konsterniert: »Die britische Regierung scheint große Zweifel zu haben, wir sind nicht sicher, woher die kommen«, sagte er der »Financial Times«.

Das Zögern könnte der Tatsache geschuldet sein, dass Regierungschefin Theresa May gegenüber chinesischen Investitionen kritischer eingestellt ist als ihr Vorgänger. Als Innenministerin hatte May wiederholt Sicherheitsbedenken angeführt, ihr Stabschef Nick Timothy warnte, dass chinesische Investitionen in heiklen Sektoren zu Erpressungsversuchen durch die chinesische Regierung führen könnten.

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