Schelfeis in Westantarktis taut
Nach Larsen A und B droht nun auch die dritte große Schelfeisplatte zu brechen.
Schon im vergangenen Jahr zeichneten Forscher ein düsteres Bild von der Zukunft der Antarktis. Damals stellten Wissenschaftler, so von der British Antarctic Survey (BAS), mit Hilfe von Satellitendaten und Radaraufnahmen fest, dass das Eisschelf Larsen C im Westen taut. Die benachbarten Schelfe Larsen A und B waren bereits 1995 und 2002 zusammengebrochen und ließen demnach die Vermutung zu, dass auch das dritte große Eisschelf dünner und damit brüchiger werden könnte. Grund dafür ist, dass in den vergangenen 50 Jahren die Temperaturen auf der antarktischen Halbinsel um zweieinhalb Grad angestiegen sind. Die höheren Lufttemperaturen lassen das Schelf von oben schrumpfen, während wärmere Meeresströmungen das Ihrige von unten dazu tun.
Das Larsen-Schelfeis besteht aus Larsen A, B, C und D. Es ist ein langgezogenes Eisschelf an der Ostküste der Antarktischen Halbinsel und trägt den Namen des norwegischen Kapitäns Carl Anton Larsen, der im Dezember 1893 eine Expedition dorthin unternahm. »Falls dieses riesige Eisschelf kollabieren sollte, würde es die Gletscher dahinter veranlassen, schneller ins Meer zu fließen«, warnte Paul Holland von der BAS damals.
Den Riss konnten Wissenschaftler im antarktischen Winter aufgrund der Dunkelheit über mehrere Monate nicht über Satellit beobachten. Aktuelle Daten im August zeigten jetzt jedoch, dass der Riss seit März, als man ihn zuletzt untersuchen konnte, rapide gewachsen ist - um 22 Kilometer. Zwischen 2011 und 2015 war er um 30 Kilometer angewachsen. Insgesamt ist er 130 Kilometer lang.
»Da dieser Riss sich weiter ausbreitet, wird letztendlich eine große Sektion des Eisschelfs als Eisberg wegbrechen«, so die britischen Wissenschaftler des Midas-Projekts, die Larsen C beobachten. Computermodelle ließen schon heute vermuten, dass Larsen C dem Schicksal von Larsen B folgen könnte, das 2002 in sich zusammenbrach, nachdem sich ein ähnlicher Riss gebildet hatte. Eine aktuelle britische Studie der Universitäten Lancaster und Durham hat auch in der Ostantarktis Beunruhigendes entdeckt. Die Satellitendaten erinnern derzeit an das schnell schmelzende Grönland. Wie dort bilden sich in der Ostantarktis in den Sommermonaten Seen aus Schmelzwasser. Zwischen 2000 und 2013 waren es fast 8000. Manche versickern in die Gletscher, was deren Konsistenz schwächen könnte.
Was die Seen, die ein klares Zeichen der Erwärmung sind, genau bewirken werden, ist noch nicht abzuschätzen. Eine Studie mit See-Elefanten in Australien versucht derzeit jedoch herauszufinden, wie das schmelzende Eis die Tiefen des Ozeans verändert. Dafür wurden See-Elefanten in der Region mit Satellitensendern ausgerüstet. Daten, die von ihnen übermittelt wurden, zeigen bereits, dass das Wasser aus der Eisschmelze das dichtere Wasser in der Tiefe verdünnt. Die Wissenschaftler befürchten, dass eine weitere Erwärmung und verstärkte Eisschmelze irgendwann die Meeresströmungen verändern könnte.
Letztere sind aber für die Steuerung unseres Klimas mit verantwortlich. Nicht umsonst gilt die Antarktis mit ihrem Zyklus des Gefrierens und des Tauens als Thermostat der Erde.
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