Merkel-Gegner in der Union spielen immer weiter rechts
Söder: »Dürfen das deutsche Volk nicht ignorieren« / Scheuer: Brauchen jetzt schnell eine Obergrenze / Junge Union: Multikulti ist ein Auslaufmodell
Berlin. Die CSU und Teile der CDU versuche nach der Landtagswahl im Nordosten immer aggressiver, sich gegen Kanzlerin Angela Merkel zu profilieren - auch mit rechtspopulistischer Rhetorik. Bayerns Finanzminister Markus Söder forderte die CDU ultimativ zu einem Kurswechsel auf. »Wir dürfen das deutsche Volk nicht ignorieren«, sagte er der ARD und wandte sich gegen ein »stures Festhalten am Weiter so«. Söder übte erneut ganz grundsätzliche Kritik an der politischen Ausrichtung der CDU unter Merkel: »Der Kurs, den die CDU gemacht hat weiter nach links, hat so viel Platz rechts freigelassen, dass sich viele Menschen gar nicht mehr angesprochen fühlen.« Offenbar geht der CSU-Mann davon aus, dass viele Menschen nur einer viel weiter rechts stehenden Union zustimmen würden. In Anspielung auf Merkels berühmtes Zitat zur Flüchtlingsaufnahme - »Wir schaffen das« - sagte Söder: »Aus einem 'Wir schaffen das' sollte eher ein 'Wir haben verstanden und wir ändern das' werden.« Die CSU wolle trotz Merkels erklärter Ablehnung immer noch eine Obergrenze für die Aufnahme von Geflüchteten durchsetzen: »Es ist noch unser Ziel, das gemeinsam zu machen«, sagte der CSU-Landesminister. »Wir wollen mit der deutschen Bevölkerung etwas verändern.«
Auch CSU-Chef Horst Seehofer will den harten Streit mit der Schwesterpartei fortsetzen und zur eigenen Profilierung nutzen. »Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich«, sagte er der »Süddeutschen«. Seehofer wertete das »desaströse« Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern als Quittung für die Asylpolitik von Merkel. Die CSU-Spitzenpolitiker ließen keinen Zweifel daran, dass sie auch einen heftigen Konflikt mit der CDU in Kauf nehmen wollen, um ihre Vorstellungen in der Schwesterpartei durchzusetzen. Seehofer wertete das schlechte Abschneiden der CDU bei der Wahl im Nordosten als Beleg dafür, dass die Menschen »diese Berliner Politik« nicht wollten. »Die Menschen verstehen einfach nicht mehr, wie Politik gemacht wird in Deutschland. Sie fühlen sich nicht mehr mitgenommen«, sagte er. Seine »mehrfache Aufforderung der Kurskorrektur« in der Flüchtlingspolitik sei nicht aufgenommen worden, beklagte Seehofer. »Wir brauchen inhaltlich eine klare Orientierung: Steuern, innere Sicherheit, Rente, Zuwanderung - spätestens September, Oktober muss eine Klärung her«, sagte Seehofer. »Dann müssen wir sehen, ob wir uns einigen können mit der CDU.«
Seehofer verlangte von Merkel eine stärkere Konzentration auf die Innenpolitik. Seine Russland-Reise werde er um zwei oder drei Monate verschieben. Nach Angaben von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer will Seehofer bei einem Spitzentreffen der Parteichefs von Union und SPD am Sonntag einen umfassenden Forderungskatalog zur Flüchtlingspolitik vorlegen. »Wir müssen uns möglichst rasch auf eine Obergrenze, auf die Reduzierung der Zuwanderung verständigen«, sagte Scheuer der »Passauer Neuen Presse«. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag forderte von Merkel eine Veränderung ihrer Kommunikation in der Flüchtlingspolitik. »Die Flüchtlingspolitik war ein großes Thema, das aber auch Ventil war für viele andere diffuse Ängste«, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. »Es geht darum zu zeigen: Wir haben verstanden.«
Bei der Wahl am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern war die CDU mit nur noch 19 Prozent hinter der AfD erst auf dem dritten Platz gelandet. Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, fordert von Merkel Konsequenzen aus der verlorenen Landtagswahl. »Wir brauchen in der Flüchtlingspolitik eine klare Sprache und ein unmissverständliches Signal der Bundesregierung, dass Multikulti ein Auslaufmodell ist«, sagte der JU-Chef der »Rheinischen Post«. Zudem müssten die Zuwanderer »ein offizielles Bekenntnis zum Grundgesetz ablegen«. Agenturen/nd
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