Kitt für den Weg aus der Krise
Katja Herzberg zur Verschiebung der Präsidentenwahl in Österreich
Österreich braucht neuen Klebstoff - einen besseren Ausdruck hätte die politische Krise im Land nicht finden können. Weil sich die Briefwahlkuverts für die zu wiederholende Stichwahl für einen neuen Bundespräsidenten von selbst wieder öffnen, muss der Wahltermin verschoben werden. Das Debakel bringt Österreich Hohn und Spott ein. Der Politikbetrieb könnte die nächsten Monate jedoch für eine kritische Reflexion nutzen. Allen voran den einstigen Volksparteien ÖVP und SPÖ wäre zu raten, zu versuchen, die Spaltung im Land zu kitten.
Doch die rot-schwarze Regierung ist erst einmal damit beschäftigt, sich Mut zuzusprechen. Österreich habe schon oft bewiesen, ein moderner Rechtsstaat zu sein, sagte Innenminister Sobotka am Montag. Ach wirklich? Zuletzt stand es insbesondere um die Rechtsstaatlichkeit schlecht - nicht nur in Sachen Bundespräsidentenwahl. Die Durchsetzung einer Obergrenze für Flüchtlinge bzw. Asylanträge brachte Wien massive Kritik ein. Sie ist mit internationalen Vereinbarungen wie der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vereinbar. Zudem ist ihre Einführung mittels Notstandsverordnung zu hinterfragen.
Gleichzeitig sagt jenes Agieren allzu viel über den Zustand von SPÖ und ÖVP aus. Im Versuch, sich gegen die rechtspopulistische FPÖ zu behaupten, machen sie sich zu ihrem Kellner. Wer Hofer und Strache entzaubern will, darf ihnen jedoch nicht hinterherlaufen. Es braucht vielmehr eine Politik, die als Klebstoff für die Gesellschaft wirkt - mit Demokratie, Vertrauen und Empathie.
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