Ein radikaler Sozialdemokrat

Der demokratische Sozialist Manfred Coppik ist im Alter von 72 Jahren gestorben

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist schon ein paar Jahre her, da sagte Manfred Coppik in dieser Zeitung, eine Parteimitgliedschaft sei für ihn »kein Selbstzweck. Ich habe mich immer der Partei angeschlossen, die in der konkreten Situation am ehesten den Weg zum demokratischen Sozialismus öffnete.«

Und so hielt es der Offenbacher, der 1943 im heutigen Bydgoszcz geboren wurde, denn auch zeitlebens: 1961 trat er in die SPD ein, gewann 1972 für die Sozialdemokraten einen Bundestagswahlkreis - und trat zehn Jahre später aus der Partei wieder aus: NATO-Aufrüstung, Abbau von Bürgerrechten, Steuergeschenke an die Reichen, Sozialabbau. All das lag weit abseits vom »Weg zum demokratischen Sozialismus«, Coppik nannte es »eine Umarmung mit den Kapitalinteressen«.

Aufgeben war für den Juristen Manfred Coppik keine Option. Zusammen mit Mitstreitern gründete er die Demokratischen Sozialisten. Wahlpolitisch erfolgreich war das Projekt nie, aber als »sozialistische Alternative« zur SPD und als demokratische zur kommunistischen DKP bot sie linken Sozialdemokraten und Eurokommunisten eine Heimat.

1991 lösten sich die Demokratischen Sozialisten auf, es war die Zeit nach dem Scheitern des Realsozialismus, eine Zeit der Suche, Neuorientierung, eine der selbstkritischen Bilanz. Anfang der 1990er Jahre suchte er den Kontakt zur PDS, doch dort fühlte er sich als »nur radikaler Sozialdemokrat« ausgegrenzt. Als die rot-grüne Bundesregierung 1999 Bomber Richtung Jugoslawien schickte, trat er zum zweiten Mal aus der SPD aus. Die Agenda-Politik folgte später, Coppik schätzte die real existierenden Verhältnisse immer skeptischer ein.

In der Wahlalternative, in die er 2005 eingetreten war, sah er unter anderem die gewerkschaftliche Verankerung als zentral an. 2008 wurde Manfred Coppik stellvertretender Landeschef der hessischen Linkspartei. Er engagierte sich zudem in deren Ältestenrat.

Am Mittwoch ist Manfred Coppik im Alter von 72 Jahren in Offenbach am Main verstorben. Ein Mann, der die Suche nach einem »Weg zum demokratischen Sozialismus« nie aufgegeben hat. Zwei Richtungsweiser hatte er dabei stets vor Augen. »Mit Verstand und Leidenschaft für die Verbesserung der Lebensbedingungen« zu streiten. Und dabei nicht zu »vergessen, dass dies nur im Konflikt mit den Kräften des Kapitals möglich sein wird«.

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