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Sächsische LINKE wirft Polizei Unterstützung von Pegida vor

Trotz ungestörter Pöbeleien und Grüßen an rechtsradikale Bewegung - Dresdner Beamte sind »stolz« auf Einsatz

  • Lesedauer: 6 Min.

Rico Gebhardt, Partei- und Fraktionschef der Linken in Sachsen, hat der Polizei vorgeworfen, Pegida-Anhängern bei ihren Krawallen während des Einheitsfestes faktisch »assistiert« zu haben. Während mit linken Demonstranten teils unverhältnismäßig umgegangen worden sei, habe die Polizei Pegida »geduldet, genehmigt und teilweise sogar technisch unterstützt«, sagte er am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Von Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Innenminister Markus Ulbig (beide CDU) forderte er die »klare Ansage« an die Sicherheitsbehörden, »dass so Versammlungsfreiheit in der Demokratie nicht aussieht.«

Es sei nicht hinnehmbar, dass rechte Pöbler am Montag an allen symbolträchtigen Orten der Stadt den friedlichen Ablauf der Feiern hätten behindern und »Hass-Spaliere« bilden können. »Diese Bilder aus Dresden rund um den 3. Oktober 2016 sind ein Skandal.« Von den Sicherheitsbehörden forderte Gebhardt eine selbstkritische Aufarbeitung des Einsatzes.

Grüne fordern Aufarbeitung

Die Grünen fordern ebenfalls eine umfassende Aufarbeitung und Auswertung des Polizeieinsatzes beim Einheitsfest in Dresden. »Es muss jetzt sichtbare Zeichen auch gegenüber der Bevölkerung geben, dass das Neutralitätsgebot bei der Polizei tatsächlich durchgesetzt wird«, sagte der Innenexperte der Grünen im sächsischen Landtag, Valentin Lippmann, am Dienstag in Dresden.

Mit ihrem »vollkommen unterschiedlichen Agieren gegenüber Pegida und Demonstrierenden des linken Spektrums« habe die Polizei Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt. »Das was gestern stellenweise passiert ist, kann man kaum noch einem Menschen vernünftig erklären«, sagte Lippmann. »Der Wunsch nach schönen Bildern zum Tag der Deutschen Einheit aus Dresden ist schlicht an der sächsischen Realität zugrunde gegangen.«

Auch der sächsische Landeschef der Grünen, Jürgen Kasek, kritisierte auf Facebook den Polizeieinsatz scharf. »Die Polizei hat mit ihrem Verhalten gestern alle Vorurteile gegen sich bestätigt und weiteres Vertrauen verloren«, sagte der Politiker. »Wenn Rechte glauben, sich alles erlauben zu können und der Gegenprotest der Polizei misstraut, ist die Grundlage für neue Gewalt geschaffen. Die sächsische Polizeiführung muss sich endlich dem Problem von Rassismus in den eigenen Reihen stellen.« Die Veranstaltungen am Montag seien ein 4,5 Millionen Euro teures PR Desaster für den Freistaat Sachsen gewesen. »Spätestens jetzt muss ein Umdenken erfolgen.«

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hatte die rechten Aufmärsche zum Tag der Deutschen Einheit ebenfalls verurteilt. »Dieser offen gezeigte, organisierte und brutale Hass machte vor keiner Obszönität mehr Halt, und es war nur ein kleiner Schritt bis hin zur physischen Gewalt«, sagte die Grünen-Politikerin. »Heute in Dresden konnten alle sehen, dass wir ein echtes Demokratie-Problem in diesem Land haben. Es rächt sich nun, dass viele das jahrelang nicht wahrhaben wollten und immer wieder beschönigten.« Sie forderte »eine ernst gemeinte, dauerhaft finanzierte und massiv organisierte Demokratie-Offensive« in Sachsen und an allen anderen Orten, an denen sich dieser Hass zeigt oder ankündigt.

Dulig bezeichnet Pegida als »Hasssekte«

Die rechten Pöbeleien bei den zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit am Montag in Dresden haben Entsetzen und Besorgnisse über eine tiefe Spaltung der Gesellschaft ausgelöst. Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) bezeichnete die erneuten Negativschlagzeilen aus Dresden als »beschämend«. Die fremdenfeindliche »Pegida«-Bewegung mit ihrem Anführer Lutz Bachmann sei eine »Hasssekte« mit einem »Hassprediger«, sagte Dulig »MDR Aktuell«.

Auch Sachsens evangelischer Landesbischof Carsten Rentzing kritisierte die fremdenfeindlichen Proteste am Einheitstag scharf. Ebenso zeigte sich der Dresdner Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel am Dienstagmorgen im RBB-Inforadio verärgert. Die sächsische Landesregierung hatte bereits am Montag während der Veranstaltungen getwittert: »Wir sind traurig und beschämt über die Respektlosigkeit und den Hass der Pöbler bei den bisher friedlichen Feierlichkeiten.«

Kritische Polizisten: »Einsatz war eine einzige Zumutung«

»Der Einsatz war eine einzige Zumutung«, sagte der Bundessprecher der kritischen Polizisten, Thomas Wüppesahl. So sei etwa ein viel zu geringer Abstand zwischen den Gästen der zentralen Feier in der Frauenkirche und den Demonstranten geschaffen worden. Dies habe Eskalationen gefördert. Mit der umstrittenen Äußerung des Polizeiführers bei der Pegida-Demonstration sei zudem nicht korrekt umgegangen worden. »Da gibt es nichts zu überprüfen, der Kollege hat das öffentlich über einen Lautsprecher gesagt«, sagte Wüppesahl. Die Äußerung sei ein klarer Verstoß gegen das Neutralitätsgebot und hätte sofort ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen müssen, meinte er.

AfD lobt Sicherheitskonzept

Die AfD hat den Einsatz der Polizei während der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit gelobt. Trotz 450.000 Besuchern beim Bürgerfest und zahlreichen Demonstrationen aus allen politischen Lagern habe sie es geschafft, dass es »in Dresden keine gewalttätigen Auseinandersetzungen gab«, sagte der sicherheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Carsten Hütter, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

»Nun eine einzelne Äußerung in das Zentrum medialer Berichterstattung rücken zu wollen, um Tausende Polizisten zu diskreditieren, lehnt die AfD-Fraktion ab«, meinte er mit Blick auf die Kritik an einem Polizeiführer, der den Pegida-Anhängern bei einer Durchsage während einer Demonstration einen »erfolgreichen Tag« gewünscht hatte.

Thierse fordert Widerspruch gegen Rechtspopulisten

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) rief zu energischem Widerspruch gegen Pöbler und Rechtspopulisten auf. »Das sind Menschen, die offensichtlich nicht nur Sorgnisse und Ängste haben und Kritik üben, sondern die hasserfüllt sind gegenüber der Demokratie und den Demokraten. Das müssen wir uns nicht gefallen lassen«, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch soziale Ungerechtigkeit und Benachteiligung seien »keinerlei Rechtfertigung für Hass und Gewalt«.

Polizei zeigt sich »stolz«

Trotz der ungestörten Pöbeleien von rechts, Schikanen gegen linke Protestierende, freundlichen Grüßen an Pegida zeigte sich die Dresdner Polizei »sehr stolz« auf ihren Einsatz. »Wir haben unsere Hauptaufgaben erfüllt«, erklärte der Polizeipräsident der Landeshauptstadt, Horst Kretzschmar. Den Einsatzkräften sei »wirklich alles abverlangt« worden, Erwartungen und Druck seien »enorm« gewesen. »Vor diesem Hintergrund bin ich sehr stolz auf unsere Leistung«, so Kretzschmar. Kundgebungen und Demonstrationen seien »weitestgehend störungsfrei« verlaufen.

Die Dresdner Polizei stand seit Montagmittag stark in der Kritik. Unter anderem wegen der Ansage eines Polizeiführers, der den 4.000 Anhängern der rechten Pegida-Bewegung nach Verlesung der Demonstrationsauflagen einen »erfolgreichen Tag« gewünscht hatte. Die Polizeidirektion ging später auf Distanz dazu. Diese Äußerung »entspricht nicht unserer Philosophie und wird einer Überprüfung unterzogen«, hieß es in einer Mitteilung. Die Menge quittierte dies mit Applaus und skandierte: »Eins, zwei, drei, danke Polizei!« Unter den Demonstranten befanden sich erkennbar zahlreiche Neonazis. Die Menge zog dann von der Nähe des Hauptbahnhofes in die Nähe des Festgeländes.

Auch wegen der Zurückhaltung angesichts lautstarker Störaktionen gegen Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck und andere Politiker am Vormittag vor der Dresdner Frauenkirche scheint die Polizei mit sich im Reinen. Hunderte Pegida-Anhänger pöbelten gegen die Gäste des Ökumenischen Festgottesdienstes, sie hatten »Haut ab« und »Volksverräter« gerufen, auch rassistische Schmähungen wurden berichtet. Die Polizei Sachsen betonte, sie sei »im Einsatz ein Garant für Neutralität«. Von der rechten Menge sei keine Gefahr für Ablauf und Sicherheit der Protokollveranstaltungen ausgegangen.

»Die verbalen Äußerungen bzw. die Trillerpfeifen werten wir als Form der Meinungsäußerung. Vor diesem Hintergrund wurde gemeinsam mit der Stadt entschieden, nicht einzugreifen.« Zugleich berichteten linke Gegendemonstranten von sehr hartem und peniblen Umgang der Polizei gegen die Kritiker der Einheitsfeierlichtkeiten und der rechten Aufmärsche. Agenturen/nd

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