Zynismus allerorten
Martin Ling über das fortgesetzte Leiden in Aleppo
Eine verpasste Chance mehr: Die dreitägige, von Russland ausgerufene Waffenruhe in Aleppo hat zwar weitgehend gehalten, doch genutzt wurde diese Zeit nicht. Nicht mehr als eine Handvoll von Zivilisten vermochte es, den Ostteil der Stadt zu verlassen, und der UNO gelang es nicht, Verletzte und Kranke in Sicherheit zu bringen. Einfach, weil die Konfliktparteien den Hilfsorganisationen keine ausreichenden Sicherheitsgarantien zukommen ließen und diese spätestens nach dem Angriff auf einen Hilfskonvoi Ende September verständlicherweise keine unverantwortbaren Risiken mehr einzugehen bereit sind.
Die Hilfsorganisationen halten sich mit Schuldzuweisungen zurück, müssen sie doch weiterhin mit allen Konfliktparteien die Kooperation suchen. Es liegt allerdings auf der Hand, dass die Verhinderung des Abzugs von Zivilisten, Kranken und Verletzten aus Ostaleppo weit mehr den Interessen der Aufständischen zupass kommt als jenem des Regimes von Assad und des ihm Rückendeckung gebenden Putin. Den Ersteren sind die Zivilisten nützliches Faustpfand, den Letzteren sind sie bei der Rückeroberung von Aleppo im Weg, ohne ein militärisches Hindernis darzustellen. Doch tote Zivilisten lassen sich von Assad nicht propagandistisch nützen.
Seit die Waffenruhe vorbei ist, wird in Aleppo wieder geschossen und bombardiert. Für Zivilisten ist keine Hilfe in Sicht. Assad hält an der Rückeroberung Aleppos fest, koste es, was es wolle, und die Aufständischen treiben den Preis hoch. Zynismus allerorten.
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