Rechtsexperten zu CETA: Ohne Bundesrat geht es nicht

Abstimmung der Bundesländer laut Juristen für Ratifizierung »zwingend nötig« / Länderkompetenzen betroffen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Nach Auffassung von Rechtsexperten muss dem CETA-Abkommen neben dem Bundestag auch der Bundesrat zustimmen, damit es in Deutschland ratifiziert werden kann. Die Zustimmung der Bundesländer zum umstrittenen Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada sei »zwingend nötig«, sagte der Rechtswissenschaftler Ulrich Karpen von der Universität Hamburg. Schließlich müssten die Länder die ausgehandelten Gesetze in eigener Regie selbst umsetzen, etwa Bestimmungen für die Landwirtschaft oder den Verbraucherschutz. »Nach Artikel 77 und 84 des Grundgesetzes liegt deshalb ein Zustimmungsgrund vor«, so Karpen. Sein Kollege Ulrich Haltern von der Universität Freiburg äußerte sich ähnlich.

Nach heftigen Kontroversen kann CETA wohl doch in Kürze unterzeichnet werden. Vertreter von Föderalregierung und Regionen in Belgien fanden am Donnerstag nach tagelangen Krisenverhandlungen eine Einigung zu umstrittenen Punkten. Wenn die EU-Staaten und Kanada die Ergänzungen billigen, steht der Unterzeichnung des Handelspakts nichts mehr im Wege. Den müssten dann die Parlamente in den 28 Mitgliedsländern billigen. Nicht klar ist, in welcher Form in Deutschland der Bundesrat neben dem Bundestag in diesen Prozess eingebunden wird.

Für eine stärkere Beteiligung der Länderkammer spricht aus Halterns Sicht, dass teilweise Länderkompetenzen betroffen seien. Zudem müssten die Verwaltungsverfahren einheitlich geregelt werden. »Dies entspricht auch der bisherigen Praxis des Parlaments«, sagte Haltern. Zuletzt sei auf diese Weise das Handelsübereinkommen zwischen der EU mit Kolumbien und Peru zustande gekommen. »Ceta geht inhaltlich weiter als dieses Übereinkommen, so dass der Bundesrat hier erst recht zustimmen muss«, meinte der Rechtswissenschaftler.

Der Jurist Matthias Ruffert von der Humboldt-Universität Berlin sieht das anders. »Ich halte es für kolossal falsch, sich darauf zu stützen, dass Länderkompetenzen von CETA betroffen sind.« Vielmehr vertrete der Bund, und nicht die Länder, Deutschland nach außen.

Der genaue Weg des CETA-Abkommens durch Bundestag und Bundesrat ist ungewiss. Klar ist, dass sich beide mit der CETA-Ratifizierung befassen müssen, wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte. Die Prüfung der verfassungsrechtlichen Verfahren könne aber erst dann beginnen, wenn der Vertragstext unterschrieben sei.

»Wenn das Abkommen unterzeichnet ist und der Bundestag das Ratifizierungsgesetz beschließt, wird auch der Bundesrat daran beteiligt«, sagte eine Sprecherin des Bundesrats. Die Bundesregierung legt dann fest, ob nach ihrer Sicht eine Zustimmung im Bundesrat nötig ist. Dies sei dann der Fall, wenn die Inhalte des Abkommens nach den Regeln des Grundgesetzes die sogenannte Zustimmungsbedürftigkeit auslösen würden - etwa wenn in die Hoheit der Länder eingegriffen werde, erläuterte die Sprecherin. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.