Foltervorwürfe gegen Italien

Amnesty sieht Migranten schweren Misshandlungen ausgesetzt / Türkei droht EU

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Rom. Amnesty International legt der italienischen Polizei schwere Misshandlungen von Flüchtlingen zur Last. Sicherheitskräfte hätten Migranten mit Schlägen und Elektroschockgeräten zur Abgabe von Fingerabdrücken gezwungen, heißt es in einer Untersuchung, die Amnesty am Donnerstag vorlegte. Die Misshandlungen »liefen in einigen Fällen auf Folter hinaus«. Die Befunde beruhen auf der Befragung von rund 170 Flüchtlingen. Zu den Misshandlungen kam es laut Amnesty in den »Hotspots« - Registrierzentren, die von der EU eingerichtet wurden. Amnesty führte das Fehlverhalten der italienischen Polizei auf den Druck zurück, den die EU auf Italien ausübe, um die Zahl der Flüchtlinge zu senken.

Derweil forderte das Anti-Folter-Komitee des Europarates Ungarn auf, jede Misshandlung von Flüchtlingen klar zu verurteilen. Dies geht aus dem Bericht hervor, den das Gremium am Donnerstag veröffentlichte und der die Erkenntnisse eines außerplanmäßigen Besuchs des Komitees im Oktober 2015 in Ungarn zusammenfasst. »Eine erhebliche Zahl von ausländischen Staatsbürgern gab an, physischer Misshandlung durch Polizeibeamte ausgesetzt gewesen zu sein«, heißt es in dem Dokument.

Im Zuge der Umverteilung von Migranten innerhalb der Europäischen Union haben am Donnerstag insgesamt 168 Syrer, Iraker und Eritreer Griechenland in Richtung Frankreich verlassen. Die Gruppe war die bislang größte, die im Rahmen der auf EU-Ebene beschlossenen Umverteilung von Migranten auf alle EU-Staaten in ein anderes Land gebracht wurden. Bereits am Montag wurden 111 Flüchtlinge aus Griechenland in Richtung Finnland auf den Weg gebracht. Frankreich gehört zu den Hauptaufnahmeländern von Flüchtlingen nach dem im September 2015 beschlossenen Umverteilungsplan. Bislang nahm das Land fast 2000 Migranten aus Griechenland und 231 aus Italien nach diesem Schlüssel auf.

Die Türkei hat der EU gedroht, den Flüchtlingspakt aufzukündigen, sollten Türken nicht in nächster Zukunft ohne Visum in die EU reisen dürfen. »Unsere Geduld neigt sich dem Ende zu«, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der »Neuen Zürcher Zeitung« vom Donnerstag. »Wir warten auf eine Antwort in diesen Tagen. Wenn die nicht kommt, werden wir die Vereinbarung kündigen.«

Die EU zeigte sich gelassen. »Dies ist ein Vertrag gegenseitigen Vertrauens«, sagte der Chefsprecher der EU-Kommission, Margaritis Schinas, in Brüssel. Knackpunkt für die Visafreiheit ist die türkische Anti-Terror-Gesetzgebung. Die EU will, dass Ankara diese ändert. Agenturen/nd Kommentar Seite 4

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