Reichsbürger machen Ärger im Nordosten

»Erschießungskommandos« und »Malta-Inkasso«

  • Lesedauer: 3 Min.

Schwerin. Bürgerämter und Zulassungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern ächzen unter den Eingaben sogenannter Reichsbürger. Immer häufiger gebe es Probleme, sagt der Rostocker Stadtsprecher Ulrich Kunze: »Oft geht es darum, dass Gebühren oder Bußgelder nicht bezahlt werden wollen, weil sie nach ihrer Auffassung keine Bürger der Bundesrepublik seien.« »Reichsbürger« erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an, das Deutsche Reich bestehe in den Grenzen von 1937 fort.

Zwei bis drei Mal die Woche seien die 2500 Mitarbeiter in den Verwaltungen der Stadt mit solchen Vorfällen konfrontiert. Auch wenn es keine Übergriffe gab, sei das belastend. Nach einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN wird da schon mal wegen eines Strafzettels mit »Erschießungskommandos« gedroht.

Wie viele »Reichsbürger« es im Nordosten gibt, weiß das Innenministerium in Schwerin nicht genau. Organisiert seien sie eher nicht, so eine Sprecherin. Im Dezember 2015 hat das Ministerium Verfahrenshinweise ausgegeben. »Wichtig dabei ist, dass sich die Mitarbeiter nicht provozieren lassen oder versuchen, diese Personen zu bekehren, denn das ist sinnlos.« Mitarbeiter könnten aber Hausverbote erteilen oder das Filmen der Gespräche verbieten. Gelassenheit sei wichtig.

Auch die Notarkammer hat mit Reichsbürgern zu tun. »In der Regel wünschen diese Mandanten eine Unterschriftsbeglaubigung unter ein Dokument, in dem sie die deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben und die Staatsangehörigkeit des Königreichs Preußen oder des Deutschen Reiches verlangen«, so der Präsident der Notarkammer, Moritz von Campe. Mit der Beglaubigung wollten sie den Anschein erwecken, dass es sich um ein offizielles Dokument handele. Tatsächlich identifiziert eine Beglaubigung nur den Unterzeichner. Die Notarkammer ist der Auffassung, dass Wünsche nach solchen Beglaubigungen abgelehnt werden dürfen.

37 »Reichsbürger« sind in Schwerin bekannt. »Diese Personen sind der Verwaltung bislang vor allem dadurch aufgefallen, dass sie bei der Meldebehörde Pässe oder Personalausweise zurückgeben wollen, sowie Bescheide und Steuern nicht anerkennen«, sagt Sprecherin Michaela Christen. Auch in Schwerin gibt es Handreichungen zum Umgang mit diesen Personen. Dabei geht es auch um das sogenannte Malta-Inkasso, mit dem Reichsbürger Behördenbedienstete unter Druck setzen.

Das »Malta-Inkasso« macht es möglich, dass in Deutschland Geld von Verwaltungsangestellten eingefordert werden kann, obwohl weder Schuld noch Schaden nachgewiesen werden. »Reichsbürger« fingieren Forderungen und tragen sie in ein Online-Handels-Register in den USA ein. Die Forderungen werden dann an von vermeintlichen Reichsbürgern gegründete Inkassounternehmen auf Malta abgetreten. Um deren Ansprüche abzuwehren, muss man persönlich in Malta erscheinen. Andernfalls kann die Vollstreckung drohen.

Bisher sei noch kein Schweriner Verwaltungsmitarbeiter betroffen, so die Sprecherin. Ansonsten erhielten die Mitarbeiter rechtlichen Beistand. dpa/nd

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