Armee in Ost-Aleppo auf dem Vormarsch
UNO warnt vor »schleichendem Guerilla-Krieg«
Die syrische Armee hat bei ihrer Großoffensive im Ostteil Aleppos am Wochenende weitere Stadtteile erobert. Nach heftigen Kämpfen nahmen die Regierungstruppen am Samstag die Viertel Tarik al-Bab, Karam al-Dschasmati und Karam al-Tarrab ein, wie Aktivisten mitteilten. Die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien ist nach eigenen Angaben in Syrien breit vernetzt. Von unabhängiger Seite sind ihre Informationen aber kaum überprüfbar. Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura sagte, der Konflikt könne sich in einen »schleichenden Guerilla-Krieg« verwandeln, wenn es nun keine Verhandlungen gebe.
Seit dem Beginn ihrer Großoffensive erstürmten die Regierungstruppen laut Beobachtern rund 60 Prozent des Ostteils von Aleppo, der seit 2012 von Aufständischen kontrolliert worden war. Die Einnahme des Bezirk Tarik al-Bab erlaubt den Regierungstruppen, eine direkte Verbindung zwischen dem Westteil der Millionenmetropole und dem internationalen Flughafen von Aleppo zu schaffen.
Seit dem 15. November sollen in Ost-Aleppo mindestens 310 Zivilisten darunter 42 Kinder getötet worden sein, im Westteil 69 Zivilisten, darunter 28 Kinder. Mehr als 50 000 Bewohner Ost-Aleppos ergriffen angesichts der Kämpfe die Flucht. Das UN-Kinderhilfswerk machte darauf aufmerksam, dass in den letzten Tagen rund 19 000 Kinder unter den Flüchtlingen aus Ost-Aleppo waren. Der Bürgermeister von Ost-Aleppo, Brita Hagi Hassan, hat an die Staatengemeinschaft appelliert, der Vernichtung der Stadt nicht tatenlos zuzusehen. Nach 100 Tagen Belagerung sei die Zahl der Einwohner von zwei Millionen auf 250 000 gesunken, 60 Prozent davon seien Frauen und Kinder.
Der UN-Sondergesandte de Mistura warnte die syrische Führung unter Präsident Baschar al-Assad davor, angesichts der derzeitigen militärischen Erfolge allein auf einen Sieg zu setzen. »Es ist jetzt die Zeit für Verhandlungen«, sagte de Mistura am Samstag bei einer Konferenz in Rom. Der Konflikt könne sich sonst in einen »schleichenden Guerillakrieg« verwandeln. Damit werde die Chance für einen »Wiederaufbau« vertan. Mehrere Anläufe der UNO, den seit 2011 währenden Konflikt in Syrien durch Verhandlungen beizulegen, scheiterten in der Vergangenheit. Insgesamt wurden mehr als 300 000 Menschen getötet, mehrere Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben. AFP/nd
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