Es geht um die Gemütlichkeit

Dänen gelten als besonders glückliche Menschen

  • Bengt Arvidsson, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.

Geld allein macht nicht glücklich. Die Erkenntnis wird von internationalen Glücksranglisten untermauert. In denen dümpeln reiche Länder wie Deutschland oft nur im Mittelfeld, wie auf Platz 16 im World Happiness Report 2016 der UNO. Japan kommt nur auf Platz 53. Die Dänen dahingegen liegen wieder einmal auf Platz eins.

Wissenschaftliche und weniger wissenschaftliche Erklärungen dafür gibt es viele. Es geht oft um soziale Gerechtigkeit, Wohlfahrt, Arbeitszeiten, hohe Beschäftigungsquoten und Sicherheit. Eine britische Studie hat gar ergeben, dass eine Genstruktur, die gerade in Dänemark verbreitet ist, der Produktion des Glückshormons Serotonin besonders zuträglich ist.

Derzeit tingelt ein ganz anderer Erklärungsversuch durch die Presse. Das dänische Lebensgefühl der hygge soll zentral für das Glück der Dänen sein. Wörtlich übersetzt heißt es Gemütlichkeit. Es geht um anspruchsloses, entspanntes Beisammensein mit sympathischen Menschen. Oft in Kombination mit deftigem Essen und Alkohol. Und Kerzen sind wichtig. Dänen konsumieren mit sechs bis acht Kilo pro Person pro Jahr mit Abstand am meisten in Europa. »Dänen sind ausnehmend gut darin, Reichtum vom Wohlgefühl abzukoppeln. Wenn unsere wichtigsten Bedürfnisse befriedigt sind, merken wir, dass Geld nicht zu mehr Glück führt. Stattdessen konzentrieren wir uns auf andere Dinge die unsere Lebensqualität verbessern«, erklärt Meik Wiking, Verfasser vom in 25 Sprachen übersetzten Titel »Hygge - ein Lebensgefühl, das einfach glücklich macht«.

Hygge ist Alltagsglück. Man sitzt gemütlich beisammen. Es ist in Ordnung, über Langweiliges zu reden oder nichts zu sagen. Die Anspruchslosigkeit, das Gefühl nichts weiter zu wollen, ist wichtig. Fast schon meditativ geht es bei hygge darum, im Hier und Jetzt zu sein. Es geht um Freude an kleinen Dingen. »Hygge gibt es auch in allen anderen Ländern. Der Unterschied ist, dass wir ein Wort für diesen Akt haben und dass er ein besonders bedeutender Teil der kulturellen DNA Dänemarks ist, so wie in den USA die Freiheit«, so Wiking.

»Die einzigartige kulturelle Erbschaft aus der Wikingerzeit könnte eine Rolle beim hohen Glücksempfinden der Dänen spielen«, sagt der dänische Glücksforscher Christian Björnskov. Damals seien die Dänen auf rationales Denken und blindes Vertrauen zueinander angewiesen gewesen. Zeit für Gefühlsduseleien gab es kaum. Doch ob das alles wirklich glücklicher macht, ist umstritten. Dänen nehmen deutlich mehr Antidepressiva als viele andere Europäer. Auch sind viele Dänen Fremden gegenüber nicht sehr offen. »Die dänische hygge ist per Definition nur etwas für richtige Dänen«, schreibt der schwedische Sozialpsychologe Lasse Dencik bitter nach 30 Jahren im Land.

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