»Liebe, Liebe, nichts als Liebe«

Hans Keilson: Seine »Sonette für Hanna« in einer postumen Ausgabe

  • Werner Jung
  • Lesedauer: 2 Min.

Hans Keilson, der jüdische Arzt und Schriftsteller, war 1936 in die Niederlande geflüchtet und starb dort 2011 mit 102 Jahren. Kurz zuvor erreichte er mit der in zahlreiche Sprachen übersetzten Novelle »Komödie in Moll« noch späten Ruhm. Die »New York Times« nannte ihn einen Autor von Weltformat.

Im Nachlass entdeckte Keilsons zweite Frau Marita Keilson-Lauritz, die auch als Herausgeberin zeichnet, die Typoskripte von 46 Sonetten, die Keilson im Frühjahr 1943 für seine damalige Geliebte Hanna Sanders geschrieben hatte, eine Jüdin wie er, die ganz in der Nähe von Keilsons Adresse untergetaucht war. Sie war zwölf Jahre jünger als er, der doch seit Jahren fest gebunden war, was ihn in Gewissensnöte brachte.

Und doch: »Noch nie lag ein Mensch so in meinen Armen«, schrieb Keilson kurz nach der ersten Begegnung in sein Tagebuch. Und wenige Tage später: »Liebe, Liebe, nichts als Liebe. Tiefes Einverständnis. Verwandtschaft.«

Dieser großen Liebe war freilich nur eine kurze Zeit beschieden. Nach der Befreiung kehrte Keilson zu seiner Frau Gertrud und dem Kind zurück, während Hanna zunächst für eine jüdische Organisation arbeitete, dann aber 1946 mit ihrer neuen Liebe, dem ursprünglich deutschen Elektrotechniker Chanan Hoffman nach Palästina übersiedelte.

Obwohl die Gedichte eher konventionell geschrieben sind und Rilke-Einfluss spüren lassen, sind es doch bemerkenswerte poetische Zeugnisse einer großen Leidenschaft in Zeiten von Terror, Krieg und Verfolgung. Die Liebesnächte im Versteck: »Die kleine Kammer, die Dein langes Warten/ umsäumt mit kahler, spiegelloser Wand,/ und wir, versteckt gesessen, Hand in Hand,/ hinter verhangenem Fenster, in den Garten// mit Wehmut spähend …«

Hannas Elternhaus, »das letzte in der Gasse,/ ward umgemäht wie Acker unterm Pflug,/ am fünften Kriegstag, der die Wunde schlug ...« Das Fürchterliche ist immer im Hintergrund: »Krieg und Verfolgung ist die Melodei/ auf die die Weise unserer Liebe geht,/ Inbrunst und Schauder, fest wie ein Gebet,/ oft beinah Schweigen, sterbende Schalmei.« Hilfe und Halt, auch das machen die Texte deutlich, finden sich im Wort, in den großen Texten der Weltliteratur, auch wenn »Bomben fielen auf London und Wien«: Shakespeare, Verlaine, Rossetti, Hölderlin.

Hans Keilson: Sonette für Hanna. Deutsch-Niederländisch. Übertragung ins Niederländische, Nachwort und Kommentar von Jos Versteegen S. Fischer Verlag. 224 S., geb., 24 €.

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