Krim zur Pacht und keine Kohle
Umstrittene Vorschläge zur ukrainischen Krise / Russen wollen Donbass auch künftig helfen
Er habe die Ukraine diskreditiert und die Radikale Partei, schimpfte am Montag deren Fraktionsvorsitzender in der Werchowna Rada, Oleh Ljaschko. Wenn er mit Russland befreundet sein wolle, habe er kein Recht, die Radikalen zu vertreten. Die hielten nur mit Ukrainern Freundschaft. Also müsse Andrej Artemenko sein Mandat niederlegen.
Den Zorn des Parteioberen erregte, dass Artemenko dem früheren Sicherheitsberater des US-Präsidenten Donald Trump einen Plan zur Regulierung des Ukrainekonfliktes übergeben habe, wie das ukrainische Internetportal 112.ua informierte. Auch unter Berufung auf «The New York Times» hieß es, der zurückgetretene Michael Flynn habe einen Plan zur Aufhebung der Sanktionen gegen Russland und zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Kiew und Moskau erhalten. Darin sei der Abzug aller russischen Streitkräfte aus der Ost-Ukraine ebenso vorgesehen gewesen wie ein Referendum in der Ukraine über die Verpachtung der Krim an Russland für 50 oder 100 Jahre.
Der Plan sei Präsident Trump von seinem Anwalt Michael Cohen überreicht worden, wurde die Zeitung zitiert. Der ukrainische Botschafter in den USA, Waleri Schali, teilte laut AFP der «New York Times» mit, er betrachte das Erstellen des Friedensplans als «grobe Verletzung» der ukrainischen Verfassung. Solche Vorhaben könnten nur von jemandem vorangetrieben werden, der «offen oder verdeckt die russischen Interessen vertritt», fügte Schali hinzu.
Obwohl Artemenko verbreiten ließ, seine Vorhaben würden von Mitarbeitern des russischen Präsidenten Wladimir Putin unterstützt, lehnte der Kreml rundweg ab. Der Vorschlag sei «absurd», sagte dessen Sprecher Dmitri Peskow. Das Projekt stieß auch am Smolensker Platz nicht auf Gegenliebe. Es sei unmöglich, etwas von sich selbst pachten zu wollen, vermerkte hier der Chef des Außenamtes, Sergej Lawrow. Er argwöhnte, es sollten die Spielregeln umgeschrieben werden, und sah «in vollem Umfang» die Notwendigkeit einer Erfüllung der Minsker Vereinbarung bestätigt. Dafür gebe es keine Alternative.
Kritik aus Berlin und Paris an dem Dekret von Präsident Wladimir Putin zur Anerkennung von Dokumenten der «Volksrepubliken» vom Samstag verteidigte Moskau als «humanitäre Maßnahme» für die von Kiew auch administrativ blockierte Bevölkerung der Ostukraine. Der Erlass solle gelten, bis die politische Situation in diesen Gebieten geregelt sei. Anerkannt würden Ausweise, Bildungs- und Berufsbildungsabschlüsse, Geburtsurkunden, Heirats- und Scheidungsurkunden, Namensänderungsurkunden, Sterbescheine, Fahrzeugscheine und Autokennzeichen.
Der Solidarität des östlichen Nachbarn können sich die Bürger des Donbass weiterhin sicher sein. Russland solle nicht zugunsten besserer Beziehungen mit dem Westen seine Unterstützung der Ostukraine einschränken, gaben 59 Prozent der vom Russischen Zentrum zur Erforschung der öffentlichen Meinung (WZIOM) befragten Bürger an. Für humanitäre Konvois sprachen sich nach der zu Wochenbeginn vorgelegten Umfrage Anfang Februar sogar 82 Prozent gegenüber 64 Prozent im Sommer 2016 aus. Ein knappes Viertel möchte die «Volksrepubliken Donezk und Luhansk anerkennen, ein knappes Fünftel sie sogar in die Russische Föderation aufnehmen.
Streit gab es auch über den Umgang mit der Waffenruhe. Die ukrainische Armee warf den prorussischen Rebellen mehr als 60 Verstöße vor. Dabei sei ein Soldat getötet und ein weiterer verletzt worden. Die Vertreter der abtrünnigen »Volksrepubliken« Donezk und Luhansk informierten hingegen, die Waffenruhe werde weitgehend beachtet. Der ukrainische Oberkommandierende, Präsident Petro Poroschenko, lieferte immerhin mit der reißerischen Anklage »Putin schafft ein russisches Aleppo« eine »BILD«-Schlagzeile.
Aufsehen erregte allerdings ein 19-Jähriger auf der Kiewer Prachtstraße Kreschtschatik. Der junge Mann war mit einer Handgranate unterwegs und geriet in eine Kontrolle. 6000 Sicherheitskräfte waren im Zentrum wegen des Gedenken an die »Himmlischen Hundert« aufgeboten. Auf dem Maidan waren während der Unruhen vom 18. bis 20. Februar 2014 über 100 Menschen Opfer von Heckenschützen geworden.
In der Nacht zu Montag festgesetzte ultranationalistische Demonstranten waren am Morgen wieder frei. Sie setzen sich für die bereits zwei Wochen dauernde Blockade von Kohlelieferungen aus dem Donbass in die Westukraine ein. Kiew finanziere damit die Rebellen, klagen sie.
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