Künstlers Horrortrip

  • Irmtraud Gutschke
  • Lesedauer: 2 Min.

Die »Fun Factory« auf den Wogen der Weltpresse: Die Grafik von Hannes Binder versinnbildlicht das Dilemma des Künstlers. Welche Wahl hat er, wenn er Geld verdienen muss? Der Zeichner Born aus Binders Graphic Novel hat Erfolg mit lustigen Comic-Strips von putzigen Küken - und kann dabei nicht vergessen, wie sich die Tiere in ihren Massenkäfigen quälen.

Im Scherz nennt er die Agentur »Fun Factory« eine »Galeere des Guten«, und später sehen wir ihn wirklich als Galeerensträfling. Ob einer »Süßstoff im bitteren Sud schlechter Nachrichten« produziert oder sich gleich dem »Bösen« zuwendet, was im Comic ja auch bloß der Unterhaltung dient, welchen Unterschied macht es letztlich? Wie kann man als Künstler sich selbst treu bleiben? Das ist die zentrale Frage, die sich Hannes Binder in »Born des Bösen« stellt.

Zugrunde liegt dem Buch eine Serie von Zeichnungen, die der Schweizer Künstler 1997 im Auftrag des Magazins »Du« geschaffen hat - mit einigem Widerwillen, wie er in seinem beigefügten Text »Ungestraft unter Palmen« bekennt. Die Redaktion wünschte sich ein turbulentes Spiel mit den berühmten Bösewichten aus der Comic-Geschichte, aber er kannte die betreffenden Fantasyfiguren ja gar nicht. Am Ende hat er manche von ihnen doch noch in seinen Grafiken untergebracht. Wer sie nicht gleich erkennt, für den gibt’s im Anhang eine Erklärung.

Ist es ein Albtraum oder Wirklichkeit: »Du warst der größte Idiot im Hühnerhof … und jetzt gehörst Du uns.« Aus dem Parkhaus von »Fun Factory« wird Born in die schwarzen Abgründe einer absolut unheimlichen Welt entführt, und die steht mit dem in Verbindung, was Binder als Auftrag übernommen hat. Die Monster nehmen ihn in ihre Gewalt, und am Schluss, wieder frei oder bloß erwacht, sieht Born einen Roboter hinter sich. Das ist die eigentliche Bedrohung.

Denn Hannes Binders Markenzeichen ist bekanntlich die Schabkartontechnik, ein überaus aufwendiges Verfahren, das sich dem digitalen Pixeln widersetzt. Wie soll er mit seiner Kunst überleben, wenn die »Flutwelle der Digitalisierung« alles überschwemmt? Das beschäftigte ihn schon 2014 in seiner Graphic Novel »Die Chronik des Zeichners«. Aber hat er nicht Verbündete, die ihn halten?

Da gibt es einen Verlag, der schon das siebente Buch von ihm produziert, und ein Publikum, das von ihm schwärmt ...

Irmtraud Gutschke

Hannes Binder: Born des Bösen. Graphic Novel. Limmat Verlag. 48 S., geb., 24 €.

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