Marx-Riese steht Probe

Entwurf des chinesischen Künstlers Wu Weishan aus Holz wird in Trier gezeigt

  • Birgit Reichert, Trier
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch ist es nur ein Dummy. Wenn auch ein gewaltiger. Über sechs Meter hoch steht er da, der Schattenriss der geplanten Statue von Karl Marx, die die Volksrepublik China der Stadt Trier schenken will. Schließlich steht ein großer runder Geburtstag an: Im Mai 2018 ist es 200 Jahre her, dass der weltweit bekannte Philosoph in Trier geboren wurde. Damit sich die Trierer eine Meinung zum geplanten «Riesen-Marx» bilden können, lässt die Stadt einen Vorboten schon mal Probe stehen: Sie hat am Mittwoch einen hölzernen Dummy in Originalgröße aufgestellt. Inklusive Podest soll der Marx 6,30 Meter hoch werden.

Die Meinungen sind geteilt: «Ich finde ihn deutlich zu groß. Man sollte ihn nicht heroisieren», sagt Friedemann Duden, als er mit seiner Frau an dem Dummy vorbeikommt. «Die Zeit der Monumentalstatuen ist vorbei. Ich finde es unmöglich», meint Bernd Schneiders. Ein Denkmal an sich für Marx sei ja in Ordnung, aber eben eines in Körpergröße. Anne Fuchs dagegen sagt: Ich hätte es mir viel größer vorgestellt. Man sieht die 6,30 Meter ja gar nicht.« Und Wilko Kannenberg meint: »Das ist doch vollkommen in Ordnung.«

Genau diese Diskussionen habe man gewollt, sagt Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD). Das Jubiläumsjahr 2018 diene dazu, den Denker zu hinterfragen, als historische Person und als Philosoph. »Aber unabhängig davon: Er ist einer der größten Bürger dieser Stadt und wir sollten ihn nicht verstecken.« Das Denkmal füge sich auf dem Platz gut ein. »Das hat nichts mit Verherrlichung zu tun. Die Zeiten sind vorbei«, sagte er.

Der Entwurf des chinesischen Künstlers Wu Weishan zeigt einen nachdenklichen Marx im Gehrock, der mit dem linken Fuß nach vorne schreitet. Die eine Hand ruht auf dem Revers seines Mantels, die andere hält ein Buch. »Das ist eine Figur, mit der man etwas anfangen kann, und wo man keine Angst davor haben muss, dass es sozialistische Übertreibung ist«, sagt Baudezernent Andreas Ludwig.

Es ist nicht nur die Größe, die bei einigen negativ aufstößt, sondern auch der Platz: Der Simeonstiftplatz ganz in der Nähe der Porta Nigra. »Besser wäre es gewesen, die Statue beim Geburtshaus von Marx aufzustellen. Hier ist es viel zu prominent«, sagt Duden. Leibe hält dagegen, es gehe ja um eine Idee des Künstlers: Der wolle von der Figur eine Sichtachse zu dem Wohnhaus herstellen, in dem Marx aufwuchs.

Der Trierer CDU-Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster kritisierte nach einem Stopp an der Holzattrappe: »Einen über sechs Meter hohen Bronze-Marx auf diesem Platz aufzustellen, nur weil man in China dies so möchte, ist ein großer Fehler.« Trier dürfe sich ein solches Denkmal nicht »aufzwingen« lassen. Eine solche Statue suggeriere einen »überhöhten Umgang« mit Marx.

Dass der Dummy gerade jetzt für zwei Tage aufgebaut wurde, hat seinen Grund: Der Stadtrat will voraussichtlich am 13. März über die Annahme des Riesen-Geschenks aus China entscheiden. Im April will OB Leibe nach China reisen, um weiteres mit dem Bildhauer zu besprechen.

Marx, einer der geistigen Väter des Kommunismus, wurde am 5. Mai 1818 in Trier geboren und verbrachte die ersten 17 Jahre seines Lebens in der Moselstadt. Das Land Rheinland-Pfalz und die Stadt Trier planen zum Jubiläumsjahr eine große Ausstellung in Trier: »Karl Marx 1818-1883. Leben. Werk. Zeit.« Und wollen daraus Kapital schlagen: Die Schau soll mindestens 150 000 Besucher anlocken. dpa

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.