Handelsdekrete statt Tweets
US-Präsident Trump droht mit Strafen gegen ausländische Stahlhersteller
»Machen Sie daraus keine China-Geschichte.« Dies bat Peter Navarro, Chef des Nationalen Handelsrats von US-Präsident Donald Trump und Autor des Buchs »Tod durch China«, die Journalisten bei der Vorstellung zweier handelspolitischer Dekrete, die Trump am Freitag unterzeichnete. Grund für die Vermutung, diese richteten sich gegen China, hatte Trump zuvor über Twitter geliefert, als er den Besuch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ankündigte: »Das Treffen nächste Woche mit China wird ein sehr schwieriges, weil wir nicht länger riesige Handelsdefizite und Arbeitsplatzverluste haben können. Amerikanische Firmen müssen vorbereitet sein, andere Alternativen zu prüfen.« Navarro stellte klar: »Wir sind nicht hier für Tweets.«
Sondern wegen zweier Dekrete, die es in sich haben: Mit dem ersten lässt Trump untersuchen, woher das riesige Handelsdefizit der USA von zuletzt 502 Milliarden Dollar genau kommt. In den nächsten 90 Tagen soll ein detaillierter Bericht Land für Land und Produkt für Produkt Klarheit bringen. Der Bericht werde zeigen, dass »die Regierung nicht beabsichtigt, aus der Hüfte zu schießen, sondern einen maßvollen und analytischen Ansatz verfolgt«, erklärte Handelsminister Wilbur Ross dazu.
Mit dem zweiten Dekret will Trump prüfen lassen, wie die USA mehr Strafzölle eintreiben können. Navarro zufolge entgehen dem Land durch zu lasche Anti-Dumping-Maßnahmen Milliarden von Dollar. Dabei hat er nicht nur China im Blick, auch wenn »ein Drittel aller Dumpingfälle« die Volksrepublik betreffe. Es geht um mehr als 40 Länder, die »ihre Produkte subventionieren und dann in unser Land schicken«.
Das US-Handelsministerium hat bereits Dumping in der Stahlindus-trie untersucht und will nun Hersteller aus Belgien, Frankreich, Italien, Japan, Österreich, Deutschland, Südkorea und Taiwan mit Strafzöllen auf einzelne Produkte belegen. Insgesamt gehe es im Untersuchungszeitraum 2015 um Einfuhren über 732 Millionen Dollar, wovon mit 196,2 Millionen Dollar der größte Anteil auf deutsche Importe entfalle. Am härtesten trifft es jedoch das Unternehmen Industeel in Frankreich, das für bestimmte Stahlbleche einen Strafzoll von 142 Prozent bezahlen soll. Bei den deutschen Herstellern Salzgitter AG und Dillinger Gruppe werden »Dumpingraten« von 5,38 und 22,9 Prozent unterstellt.
Die Maßnahmen sind noch nicht definitiv: Am 15. Mai entscheidet die Internationale Handelskommission der US-Regierung über den Fall. Allerdings sollen Zoll- und Grenzschutz bereits jetzt angewiesen werden, auf Basis dieser Zahlen von den Unternehmen Barsicherheiten für etwaige Strafzölle einzutreiben.
Washington geht von Dumping aus, wenn Produkte unter ihrem »fairen Wert« verkauft werden. Genau hier setzen Kritiker an, die meinen, es würden Unternehmen bestraft, die produktiver arbeiten als die US-Konzerne und andere Maßstäbe angelegt als die Welthandelsorganisation (WTO) vorgebe. So erklärte der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), die »bewusste« Verletzung der WTO-Regeln durch die USA sei ein »gefährlicher Schritt«. Die EU müsse nun eine Klage bei der WTO prüfen.
Auch die Stahlhersteller sehen sich zu Unrecht am Pranger. Ein Sprecher der Salzgitter AG erklärte, die Entscheidung der US-Regierung sei nicht nachvollziehbar. Bei dem zweitgrößten deutschen Hersteller gehe es um Grobblech, mit dem ein eigenes Rohrwerk in den USA versorgt werde. Die Dillinger Gruppe hat Lieferungen in die USA bereits seit dem Zeitpunkt der Ankündigung von Strafzöllen eingestellt.
Auch in Sachen Neuverhandlung des NAFTA-Abkommens mit Mexiko und Kanada geht es voran. Darüber müsste Trump das US-Parlament 90 Tage im voraus informieren. Nun zirkuliert ein erster Entwurf des Schreibens. Darin wird anders als im Wahlkampf zwar nicht mit Aufkündigung von NAFTA gedroht. Das Ziel aber ist das alte: »Das anhaltende Handelsdefizit mit Kanada und Mexiko verlangt, dass diese Regierung schnell Maßnahmen ergreift, das Verhältnis zu korrigieren.«
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