Disput um Kinderrechte
SPD-Bundesminister fordern Aufnahme ins Grundgesetz / Union ist dagegen
Berlin. Die Bundesminister Manuela Schwesig und Heiko Maas (beide SPD) fordern, die Rechte von Kindern im Grundgesetz festzuschreiben. »Ein Bekenntnis von einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Deutschen Bundestag für Kinderrechte im Grundgesetz wäre ein deutliches Signal, dass alle diese Aufgabe sehr ernst nehmen und die Lebenswirklichkeit von Kindern weiter verbessern wollen«, sagte Maas am Dienstag in Berlin. »Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, deshalb müssen sie besonders berücksichtigt werden, das allerdings immer in Abwägung zu den Interessen der Eltern.«
Für Änderungen des Grundgesetzes ist in Bundestag und Bundesrat jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Die Sozialdemokraten brauchen also Unterstützung aus der CDU und CSU. Das SPD-geführte Nordrhein-Westfalen hierzu bereits eine Bundesratsinitiative gestartet. Die Justizminister der Länder hatten sich bei ihrer Konferenz im vergangenen November für eine Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz ausgesprochen. Doch die rechtspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, lehnt einen solchen Vorstoß ab. Sie hielt der SPD »Schaufensterpolitik« vor.
Schwesig und Maas redeten bei einer Veranstaltung anlässlich des 25. Jahrestages des Inkrafttretens der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland. Diese spricht jedem Kind das Recht auf Gesundheit, Bildung und Mitbestimmung zu. Minderjährige zu diskriminieren, zu foltern oder gegen sie die Todesstrafe zu verhängen, ist danach verboten.
Nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerks fristen die Kinderrechte in Deutschland trotz der UN-Konvention »noch immer ein Schattendasein«. Gleiches beklagte die Kinderhilfsorganisation Terre des Hommes. »Kinderrechte müssen den verbindlichen Charakter von Grundrechten bekommen und dürfen nicht länger Gegenstand allgemeiner Absichtserklärungen sein«, forderte Jörg Angerstein, Vorstandssprecher von Terre des Hommes.
Maas sagte auf der Veranstaltung, von der Verankerung im Grundgesetz verspreche er sich unter anderem die Klarstellung, »dass Kinder eigene Rechte haben und der Staat die Entwicklung von Kindern auch angemessen fördern muss«. Zudem habe der Staat die Pflicht, Kinder vor Gewalt und Gefahren zu schützen.
Die CDU-Politikerin Winkelmeier-Becker ist hingegen der Ansicht, das Grundgesetz schütze bereits alle Menschen gleich, auch Kinder. »Wenn die SPD hier Defizite ausmacht, dann sollte sie zuallererst einmal ihre Politik überdenken.« Sie hielt der SPD in Nordrhein-Westfalen eine Kinderarmutsquote von 23,6 Prozent vor.
Das Deutsche Institut für Menschrechte, das die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention überwacht, wird anlässlich des Jubiläums der UN-Konvention konkreter - es vermisst vielerorts Anlaufstellen für Minderjährige. »Jedes Kind in Deutschland soll eine Anlaufstelle für Kinderrechte in seinem unmittelbaren Lebensumfeld haben, die sich gemeinsam mit ihm für seine Interessen stark macht«, erklärte Claudia Kittel, Leiterin der Monitoringstelle zur Kinderrechtskonvention bei dem Institut. Derzeit gebe es in Deutschland lediglich in rund 100 Kommunen Kinderbeauftragte oder Kinderbüros, die Aufgaben einer Anlaufstelle übernehmen. Angesichts von rund 11 000 Kommunen sei die Zahl noch stark ausbaubedürftig, erklärte Kittel. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.