Arm und Elend
Jürgen Amendt über den Abschied Europas Konservativer von bildungspolitischer Gestaltung
Die französischen Konservativen maßen einst der Volksbildung einen hohen Stellenwert zu. Das war 1871 nach der Niederlage im deutsch-französischen Krieg. Doch da ging es ja »nur« um die Ausmerzung der »nationalen Schande«, als die die militärische Schmach gegen den östlichen Nachbar empfunden wurde. Und ein anderer Konservativer, der dänische König Christian VIII., der von 1839 bis 1848 regierte, entgegnete seinem Finanzminister, der gegen die geplante Erhöhung des Bildungsetats protestierte, die denkwürdigen Sätze: »Arm und elend sind wir. Wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein.«
Heute haben sich Konservative nicht nur in Frankreich, sondern überall in Europa, der neoliberalen Doktrin ergeben, dass der Markt schon alles zum Guten regeln werde. Bis in das sozialdemokratische Milieu hinein wird mit Begriffen wir »Autonomie«, »Eigenverantwortung« oder »Leistungsgerechtigkeit« Schindluder getrieben und der sozialen Spaltung der Gesellschaft Vorschub geleistet. Damit aber wird die Axt an jenes Gebilde angelegt, das den Konservativen einst ein Heiligtum war: den Staat.
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