Als Rentner an der Universität

Die Seniorenkollegs an den Hochschulen von Sachsen-Anhalt werden inzwischen stark frequentiert

  • Petra Buch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie sind pünktlich, quasseln während der Vorlesung nicht mit dem Nachbarn oder verdrehen die Augen, wenn der Professor etwas von ihnen wissen will: die Gasthörer. In Sachsen-Anhalt gibt es inzwischen zahlreiche Ruheständler, die sich für eine Teilnahme am Seniorenkolleg entschieden haben, wie eine dpa-Umfrage ergab. So sind an der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität derzeit rund 700 Männer und Frauen im höheren Lebensalter auf der Suche nach neuen Erkenntnissen.

Das Uni-Angebot wurde anfangs - vor gut zwei Jahrzehnten - laut Hochschule von 25 Interessenten wahrgenommen. Landesweit gibt es an fast allen Hochschulen Vorlesungen und Veranstaltungen für »ältere Semester«. Ziel ist es, ganz ohne Leistungsdruck und nach eigenen Wünschen, sich Wissen anzueignen und zu vertiefen. Dabei wollen Senioren auch und so praxisnah wie möglich erfahren, wie sie auch in Zukunft in der sich rasant verändernden digitalen Welt zurechtkommen können.

Moderne Medien, Geschichte, Philosophie, Mathematik und medizinische Themen stehen hoch im Kurs bei Senioren. Pro Semester belegen Gasthörer ausgewählte spezielle Lehrveranstaltungen, die für sie organisiert werden. »Es nimmt auch kein Gasthörer einem jungen Studenten einen Platz im Hörsaal weg«, betonte der Sprecher der Magdeburger Universität. Immatrikuliert werden Teilnehmer am Seniorenkolleg auch nicht, sie besitzen daher nicht den Status eines regulären Studenten.

»Egal wie alt man ist, jeder ist willkommen«, sagte eine Sprecherin der Martin-Luther-Universität. So sind in Halle im Seniorenkolleg in diesem Sommersemester insgesamt 540 Männer und Frauen eingeschrieben. »Ungefähr 100 mehr sind es immer zum Wintersemester, 2016/17 waren es 642«, sagte sie. Das Durchschnittsalter liegt bei 70 Jahren. Gefragt sind neben wissenschaftlichen Vortragsreihen auch Kurse wie das neue Angebot Geocaching sowie Englisch als Klassiker. Am Seniorenkolleg machen die Teilnehmer keinen Abschluss, eingeschriebene Studierende über 50 schon, betonte die Sprecherin. Es gibt in Halle derzeit 57 ältere Studenten, die einen Masterabschluss oder eine Promotion anstreben.

»Im Gegensatz dazu ist aber ein Seniorenkolleg kein klassisches Studium und mit einem Abschluss«, betonte die Sprecherin der Hochschule Anhalt, Eileen Klötzer. Deshalb gehe es auch manchmal etwas lockerer zu. So sind an den Standorten der Hochschule in Bernburg und Köthen vor allem Vorlesungen zu Alltags- und Verbraucherthemen, wie Gesundheit, Garten und Landwirtschaft gefragt. »Der Hörsaal ist immer voll«, sagte Klötzer. Etwa 100 Leute bis 120 kämen zusammen. »Von der Lebensmittelsicherheit bis zum Flugzeugbauer Hugo Junkers - alles interessiert«, sagte sie. »Es wird weder Abitur noch ein anderer Hochschulzugang benötigt. Den Teilnehmern entstehen keine Kosten«, betonte die Hochschulsprecherin. .

Hochschullehrer schätzten die Senioren als interessierte Zuhörer und zuverlässige Teilnehmer. Und damit der Lehrstoff auch nicht allzu trocken rüberkomme, lassen sich Dozenten einiges einfallen. So gibt es Projekte wie an der Universität in Magdeburg, in denen Studenten die Gasthörer für ihre Projekte einbeziehen können -- um so im direkten Kontakt von der älteren Generation lernen zu können, wie der Uni-Sprecher sagte.

Auch im Harz machen sich die Senioren auf den Weg, sich wieder oder zum ersten Mal im Leben als Student zu fühlen. »Rund 90 Prozent der Vorlesungen sind ausgebucht«, sagte Janet Anders, Sprecherin der Hochschule Harz in Wernigerode, zum Angebot für Senioren. Rund 250 Teilnehmer gebe es pro Monat, drei Viertel davon meldeten sich online an. »Es ist die Generation 55 Plus, aber auch Teilnehmer im Alter von 90 bis 95 Jahren meldeten sich schon an«, sagte sie.

Die Themenpalette an der sogenannten Generationen-Hochschule sei breit gefächert. Seit der ersten Vorlesung im Mai 2007 wurden bisher gut 18 500 Zuhörer gezählt. Zehnmal im Jahr kämen jeweils zwischen 200 und 300 Generationen-Studenten zu unterschiedlichen Themen. »Der Wolf war ein Knaller«, sagte Anders. Dieses Thema bewegt derzeit vor allem Menschen in ländlichen Gegenden, wo das Tier nach Jahrzehnten wieder gesichtet wurde. dpa/nd

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