Lust auf Krieg - Fans von Dynamo Dresden in der Kritik
Anhänger des Vereins aus der sächsischen Hauptstadt machten aus ihrer Reise zum Karlsruher SC einen paramilitärischen Auftritt
Ingo Wellenreuther hatte am Montag erhöhten Gesprächsbedarf. Es ging allerdings nicht um die Leistung seines Karlsruher SC am Sonntag beim 3:4 im Zweitligaspiel gegen Dynamo Dresden, sondern um den Auftritt der Gästefans. »Man kann sich die Frage stellen, ob solche paramilitärischen Aufmärsche überhaupt geduldet werden dürfen von staatlicher Seite«, sagte der KSC-Präsident und CDU-Bundestagsabgeordnete.
Auch die Übergriffe auf Polizisten und Ordner verurteilte er scharf. Beim Fanmarsch, der gut 1500 Dresdener Anhänger vom Technologiepark aus zum Wildparkstadion führte, wurden 15 Polizisten verletzt. Sie erlitten Knalltraumata durch Böllerwürfe, die »begleitenden Einsatzkräfte« seien »zum Teil gezielt beworfen« worden, heißt es in einer Pressemeldung der Polizei. Wenige Wochen zuvor hatte die Stuttgarter Polizei die Dresdner Fans noch gelobt, dort war der Fanmarsch völlig friedlich geblieben.
Dass später der gesamte Gästeblock mit mehr als 2000 Dynamo-Fans in Tarnfleckkleidung posierte, bot ebenfalls einen verstörenden Anblick. Gedacht war die Aktion vordergründig als optische Untermalung eines Transparents mit der Aufschrift »Football Army Dynamo Dresden«. Gegen wen sich diese angebliche Armee wendet, zeigte ein Transparent, das in der zweiten Halbzeit gehisst wurde und »Krieg dem DFB« verhieß. Die dazu passenden Gesänge von der »Fußballmafia DFB« fanden allerdings auch auf Karlsruher Seite Gefallen, wo auch vom bürgerlichen Publikum kräftig applaudiert wurde. Die vom Deutschen Fußball-Bund immer wieder ausgesprochenen Kollektivstrafen empfindet man auch dort als Ungerechtigkeit. »Dieser militärische Anstrich ist eine neue Komponente, die wir in unsere Überlegungen einzubeziehen haben«, sagte derweil Hans E. Lorenz, der Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, und kündigte Ermittlungen an.
Allerdings hat die martialische Kleidung der Dresdner Fans auch eine andere Botschaft als die Opposition zum DFB. Und die passt bestens dazu, wie sich Dynamos aktive Fanszene liebend gerne inszeniert: als harte Ultragruppe, der etwas fehlen würde, wenn die meisten anderen Fanszenen der Republik nicht mit einer Mischung aus Faszination und Angst über sie reden würden.
»Das sah martialisch aus und weckte auch bei mir sehr unangenehme Assoziationen«, sagt der Leiter des Karlsruher Fanprojekts, der Sozialpädagoge Völker Körenzig über das paramilitärische Auftreten. Er betont, dass der parallel zum Spiel abgehaltene Fanmarsch der rund 800 KSC-Anhänger friedlich ablief. »Vielleicht merken ja jetzt mal manche Journalisten und Politiker, dass sie die Karlsruher Fanszene im Verhältnis zu anderen Gruppen zuletzt zu negativ dargestellt haben.«
Um die Massen an Bengalos und grünen Rauchtöpfen ins Stadion zu bringen, die in der ersten Halbzeit von den Dresdnern gezündet wurden, wurden lange vor Anpfiff der Partie die Ordner am Gästeblock überrannt. Später wurde der Versorgungsstand im Gästebereich geplündert. Das scheint zum Hobby einiger Dynamo-Fans zu werden. Bereits beim letzten Dresdner Auswärtsspiel bei Greuther Fürth wurden aus einem Kiosk Getränke gestohlen.
»Dresdner Fans haben die Imbissstände im Gästebereich regelrecht geplündert und sind dabei das Personal massiv angegangen«, heißt es bei der Karlsruher Polizei, die von »21 verletzten Ordnern« spricht.
»Die verletzten Polizeibeamten, Ordner, Mitarbeiter und Fans bitten wir im Namen des Vereins um Entschuldigung«, ließ sich am Montag Ralf Minge zitieren. Der Geschäftsführer von Dynamo Dresden erklärte weiterhin: »Wir distanzieren uns als Verein klar von jeder Form von Gewalt und verurteilen auch Spruchbänder, die dazu aufrufen.«
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