Fünf Euro Miete im Neubau machbar

Stadtsoziologe Andrej Holm: Neue Gemeinnützigkeit kann die Kosten halbieren

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Weniger als fünf Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter selbst in Neubauten sind möglich, sagte der Stadtsoziologe Andrej Holm jüngst auf einer Veranstaltung des »neuen deutschland«. »Und zwar bei jenen Baumaßnahmen, die Private für Quadratmeterpreise von zehn bis zwölf Euro realisieren«, so Holm weiter. Er will eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit etablieren, mit der in großem Maßstab leistbarer Wohnraum neu entstehen soll. Allein in der Hauptstadt fehlen nach Holms Angaben 150.000 preiswerte Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen. In der Folge drängen sich bereits 100 Haushalte in 95 Wohnungen - nur durch Zusammenrücken können Geringverdiener die rasant steigenden Mieten kompensieren.

»Es gibt Neubauaktivitäten, die nutzen der Stadt wenig«, so Holm. Eine fertiggestellte Neubauwohnung sorge in der Folge nämlich für zwei teure Wohnungen, einmal die neue, dazu aber noch die freiwerdende alte Wohnung, die unter Ignorieren der Mietpreisbremse ebenfalls zu hohen Preisen angeboten wird.

»Wir brauchen einen geförderten Wohnungsbau, der gebundene und preiswerte Unterkünfte schafft«, sagt Holm. Würde man einen gemeinnützigen Bauherren von Steuern, Grundstückskosten und Kreditzinsen befreien und ihm keine Zinsen auf das Eigenkapital gewähren, könnte in seiner Modellrechnung die Nettokaltmiete von 10,80 Euro auf 4,61 Euro pro Quadratmeter sinken. Allein schon der Verzicht auf Kreditzinsen und Eigenkapitalverzinsung ließe die Kostenmiete auf 6,75 Euro purzeln.

Die bundeseigene KfW-Bank biete bereits jetzt in vielen Bereichen zinsfreie Kredite an, sagt der Stadtsoziologe. So erhielten Kommunen zunächst zinsfreie Darlehen für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften. »Ich wünsche mir, dass wir in fünf, sechs Jahren die Lösung gefunden haben, wie wir unter neoliberalen Bedingungen eine soziale Wohnraumversorgung durchsetzen können«, sagt Holm.

Beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), der vor allem Genossenschaften und Landesunternehmen vertritt, ist man wenig angetan. »Ich habe den Eindruck, Andrej Holm möchte die Kommunale Wohnungsverwaltung der DDR wiederhaben«, sagt BBU-Sprecher David Eberhart. Zusammen mit dem nordrhein-westfälischen Partnerverband VdW wurden zwei Studien in Auftrag gegeben, die viele Einwände gegen eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit darlegen. So gebe es erhebliche Bedenken zur Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht. »Wenn dann zu 90 Prozent Einkommensschwache in diesen neuen Bauten untergebracht werden, dann können wieder neue soziale Brennpunkte wie einst die Gropiusstadt und das Märkische Viertel entstehen«, nennt Eberhart einen weiteren Kritikpunkt. Zumal nach seiner Ansicht die städtischen Wohnungsunternehmen »zu 99 Prozent so handeln, wie Herr Holm sich das wünscht«.

»Ich habe den Eindruck, dass sich die Chefs der landeseigenen Unternehmen sich möglichst wenig reinreden lassen wollen«, sagt die Grünen-Mietexpertin Katrin Schmidberger. Die Bundesgrünen haben eine eigene Studie zur Wohnungsgemeinnützigkeit vorgelegt, die beihilferechtliche Vorbehalte ausräumt. Am kommenden Mittwoch will Holm sein Konzept ausführlich vorstellen.

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