Riskantes Spiel in Katalonien
Martin Ling über das geplante Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien
Eine Verfassungskrise in Spanien rückt näher: Die katalanische Regierung hat das Unabhängigkeitsreferendum auf den 1. Oktober terminiert. Die rechte Zentralregierung der Partido Popular (PP) in Madrid will ein Referendum um jeden Preis verhindern. Die verfassungsrechtlich begründete Dialogverweigerung gegenüber der Regionalregierung ist das eine, weit schwerer wiegt, dass 80 Prozent der katalanischen Bevölkerung abstimmen wollen – laut jüngsten Umfragen würden dabei die Unabhängigkeitsbefürworter nur bei 44 Prozent landen.
Die Krux ist: Madrid lehnt selbst ein Referendum ab, bei dem die Ablehnung der Unabhängigkeit festgeschrieben wäre, weil mit einem Referendum die Büchse der Pandora für weitere Plebiszite geöffnet würde. Allein diese Option wäre ein Etappensieg für die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien. Madrids starre Haltung vertieft die Krise, einen Ausweg bietet sie nicht.
Was gerne übersehen wird, ist der Ausgangspunkt der erstarkenden katalanischen Unabhängigkeitsbewegung: Nach dem Ende der Franco-Diktatur 1975 konnte sie Jahrzehnte nur rund ein Viertel Zustimmung verbuchen. Geändert hat sich das seit 2010: Da kassierte das Verfassungsgericht auf Geheiß der PP ein vom spanischen, katalanischen Parlament und per Plebiszit gebilligtes neues Autonomiestatut. Eine Steilvorlage für die Unabhängigkeitsbewegung. Mit dem riskanten Spiel steuern beide Seiten auf einen heißen Herbst zu.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.