Ehestreit könnte vor Gericht landen

Unionspolitiker wollen die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare in Karlsruhe verhindern

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Segen des Kardinals bleibt aus. Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, ist weiterhin ein strikter Gegner der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Die Ehe sei »die Lebens- und Liebesgemeinschaft von Frau und Mann als prinzipiell lebenslange Verbindung mit der grundsätzlichen Offenheit für die Weitergabe von Leben«, tönte es vom Sitz des deutschen Oberkatholiken in München.

Es ist ganz in seinem Sinne, dass Politiker der Union nun versuchen, das von SPD, LINKEN und Grünen unterstützte Gesetzesvorhaben noch mit weltlichen Mitteln zu stoppen. Am Freitagmorgen werden die Bundestagsabgeordneten zunächst über einen Antrag zur Erweiterung der Tagesordnung entscheiden. Wenn es dafür eine Mehrheit im Plenum geben sollte, wird danach über die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe debattiert und abgestimmt. Die Mehrheitsverhältnisse sind knapp. 320 rot-rot-grünen Abgeordneten stehen 309 Parlamentarier der Union gegenüber.

Die Stimmung bei den Konservativen ist schlecht. Sie fühlen sich von ihrem sozialdemokratischen Koalitionspartner überrumpelt. Denn dieser hatte eine vage Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel, dass sie bei der Öffnung der Ehe in Richtung einer Gewissensentscheidung der Abgeordneten gehen wolle, zum Anlass genommen, am Mittwoch mit LINKEN und Grünen im Rechtsausschuss einen entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesrats durchzubringen, der dem Gremium schon lange vorlag. Damit hatte die SPD die Koalitionsverabredung mit der Union gebrochen, wonach Gesetzesinitiativen nur gemeinsam eingebracht werden.

Einige Unionsabgeordnete prüfen nun rechtliche Schritte. CSU-Mann Hans-Peter Uhl erwog im Gespräch mit dem »Tagesspiegel« einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht, um die Vereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz zu prüfen. Hierfür wäre die Zustimmung eines Viertels der Abgeordneten, also von 158 Parlamentariern, notwendig. Artikel sechs des Grundgesetzes stellt die Ehe unter besonderen staatlichen Schutz. Die Unionspolitiker gehen im Unterschied zu ihren SPD-Kollegen davon aus, dass die »Ehe für alle« nur durch eine Verfassungsänderung möglich sei, für die man eine Zweidrittelmehrheit im Parlament benötigt.

Die Konservativen machen sich Hoffnungen, weil die Karlsruher Richter vor vier Jahren in einem Urteil über das Ehegattensplitting die Ehe als »allein der Verbindung zwischen Mann und Frau vorbehaltenes Institut« bezeichnet hatten. Allerdings hat das Verfassungsgericht in letzter Zeit auch die Rechte von homosexuellen Paaren gestärkt und ihnen etwa die Sukzessivadoption ermöglicht, wonach ein bereits von einem Lebenspartner adoptiertes Kind nachfolgend durch den anderen Lebenspartner adoptiert werden kann.

Sollte es im Bundestag zur Abstimmung kommen, gilt eine Mehrheit für den Gesetzentwurf als sicher. Nur die Union ist bei dem Thema zerrissen. In ihren Reihen wird mit einer großen Ablehnung gerechnet. Ein Viertel bis ein Drittel der Abgeordneten von CDU und CSU könnte hingegen mit Ja votieren. Einige Befürworter engagieren sich in Kreisen, die Schwarz-Grün im Bund vorbereiten wollen. Ihr prominentester Vertreter ist der homosexuelle CDU-Politiker Jens Spahn.

Umfragen haben ergeben, dass eine große Mehrheit in der Gesellschaft kein Problem mit der Öffnung der Ehe hat. Im Bundestag geht es nur noch um einen kleinen Schritt zur vollständigen Gleichberechtigung. Seit 2001 können gleichgeschlechtliche Paare eine Lebenspartnerschaft eingehen, die der Ehe weitgehend gleichgestellt ist. Schwule und Lesben dürfen aber bislang nicht gemeinsam ein Kind adoptieren.

Bundesweit gibt es nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes bis zu 225 000 gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Nach den Statistikzahlen, die auf freiwilligen Auskünften beruhen, waren es 2015 rund 94 000 Paare, davon 43 000 eingetragene Lebenspartnerschaften.

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