Brasilien steckt in der Systemkrise
Martin Ling zu einem Generalstreik, der den Präsidenten kalt lässt
Der Druck auf Brasiliens Präsident Michel Temer steigt. Millionen Brasilianer legten beim Generalstreik am Freitag im ganzen Land ihre Arbeit nieder wie schon Ende April. Die Gewerkschaften werten die am Mittwoch im Senat verabschiedeten Reformen als den bisher brutalsten Angriff der rechten Regierung auf die Arbeitsrechte: Flexibilisierung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden, je nach Wunsch des Chefs, Urlaubsgeld, Nachtzuschläge etc. werden zur betrieblichen Neuverhandlung freigegeben. Garniert wird die Arbeitsmarktreform unter anderem durch eine Erhöhung von Renteneintrittsalter und ein Einfrieren der öffentlichen Ausgaben für Bildung und Gesundheit für 20 Jahre. Neoliberaler Kahlschlag pur.
Die Proteste der Bevölkerung lassen Temer kalt. Er ist ganz offen angetreten, um mit Liberalisierung und Privatisierung die Interessen der kleinen weißen Elite bis zu den kommenden Wahlen 2018 durchzudrücken, bei denen er wegen Entzug des passiven Wahlrechts nicht mehr antreten darf. Ob Temer sich so lange halten kann, ist freilich nicht ausgemacht. Der Oberste Gerichtshof hat neue Korruptionsvorwürfe am Donnerstag offiziell dem Parlament übergeben. Seine Bündnisgenossen müssen nun entscheiden, ob Temer seine Schuldigkeit schon getan hat. Dann lassen sie ihn sicher fallen, um ihre Chancen bei Neuwahlen zu verbessern.
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