CSU-Politiker fordert Klage gegen die Ehe für alle
Bundestagsvize Singhammer: Freistaat Bayern sollte Klage in Kalrsruhe einreichen / Verfassungsrechtler sehen mehrheitlich kaum Chancen
Berlin. Der Bundestagsbeschluss zur Ehe für alle hat eine Debatte über deren Verfassungsmäßigkeit ausgelöst. Während Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) einer Verfassungsklage Erfolgschancen einräumte und die AfD ankündigte, rechtliche Schritte zu prüfen, gibt es unter Juristen allerdings keine eindeutige Meinung zu den Erfolgsaussichten.
Der Bundestag hatte am Freitag mit breiter Mehrheit die Öffnung der Ehe für Homosexuelle beschlossen. Von den im Bundestag vertretenen Parteien stimmte alleine aus CDU und CSU eine Mehrheit der Abgeordneten dagegen.
De Maizière (CDU) räumte einer Verfassungsklage in der »Bild am Sonntag« Erfolgschancen ein. Er habe im Parlament gegen das Gesetz gestimmt, da aus seiner Sicht als Jurist dafür eine Änderung des Grundgesetzes nötig wäre, sagte er dem Blatt. Zudem sei die Ehe für ihn »eine Verbindung zwischen Mann und Frau«.
Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, er rechne mit Beratungen der Verfassungsrichter in der Frage. Der Bundestag habe einen »recht unausgegorenen Gesetzentwurf« verabschiedet, kritisierte er am Samstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.
Der Vizepräsident des Bundestags, Johannes Singhammer (CSU), rät der bayerischen Staatsregierung dazu, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Öffnung der Ehe für Homosexuelle zu klagen. Dies könne rasch Klarheit schaffen, ob die Neudefinition des Ehe-Begriffs verfassungswidrig ist, sagte er der »Welt« (Montag).
Die AfD will ebenfalls eine Verfassungsklage prüfen. Spitzenkandidat Alexander Gauland sagte der »Bild am Sonntag«, die Ehe zwischen Menschen gleichen Geschlechts schaffe eine »Wertebeliebigkeit, die unserer Gesellschaft schadet«. Allerdings ist unwahrscheinlich, ob die AfD überhaupt klageberechtigt ist.
Unter Juristen ist der Erfolg einer Verfassungsklage umstritten. Während der frühere Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, Jörn Ipsen, im Berliner »Tagesspiegel« einen Verstoß gegen das Grundgesetz beschrieb, sehen andere Juristen dies nicht.
Der Rektor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland, sagte dem »Handelsblatt«, »die einfachgesetzliche Öffnung der Ehe verstößt nicht gegen die Verfassung.« Das Grundgesetz definiere den Verfassungsbegriff der Ehe nicht.
Auch der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart sagte dem Blatt, er habe Zweifel, ob Karlsruhe »genug Standvermögen hat, sich dem gesellschaftlichen Trend zu widersetzen«. Er halte es für vorstellbar, dass das Bundesverfassungsgericht »pragmatische Lösungen« suche. Das Gericht könne argumentieren, dass niemandem etwas genommen werde.
In der »Rheinischen Post« sagte die Hannoveraner Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf, die Ehe sei nirgends definiert, deshalb habe der Gesetzgeber einen »sehr großen Gestaltungsspielraum«. Der Berliner Staatsrechtler Christoph Möllers sagte dem Blatt, »es gibt im Grundgesetz sicherlich kein Diskriminierungsgebot«. Entweder werde der Ehe-Artikel »entwicklungsoffen« verstanden. »Oder er ist traditionell, dann gebietet er Schutz, aber deswegen keine Schlechterstellung anderer Zweierbeziehungen zwischen Personen.«
Zugleich kündigte ein erster schwuler CDU-Politiker die Eheschließung mit seinem Partner an. Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann sagte der »BamS«, dies sei für ihn nur noch ein formaler Schritt. Kaufmann ist seit Ende 2013 verpartnert. Agenturen/nd
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