Ärger mit den faulen Krediten
EU-Finanzminister beschließen Aktionsplan und diskutieren über die richtige Abwicklung von Pleitebanken
Brüssel. Es ist eine beeindruckende Zahl: Rund 990 Milliarden Euro an faulen Krediten schleppen die Banken in der EU derzeit mit sich herum. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt sind dies nur 6,7 Prozent, aber die Quote ist bei den anderen Industriegroßmächten USA (1,7 Prozent) und Japan (1,6 Prozent) deutlich niedriger. Und in einigen Euroländern sieht es sogar dramatisch aus: In Griechenland und Zypern werden rund 45 Prozent der vergebenen Kredite von den Schuldnern nicht bedient, auch in Portugal (19,5 Prozent) und Italien (15,3 Prozent) sind die Quoten hoch. Dies ist Folge der Konjunkturschwäche in Südeuropa, die nicht zuletzt auf die Austeritätspolitik zurückzuführen ist. Viele arbeitslos gewordene Hausbesitzer können ihre Hypothekenkredite nicht mehr bedienen, es gibt eine Pleitewelle von Unternehmen, die den gleichen Effekt hat. Ökonomen warnen, dass sich die Situation noch zuspitzen dürfte und viele Geldhäuser vor dem Aus stünden - die jüngsten Ereignisse in Italien und Spanien seien nur der Anfang gewesen.
Der Ärger etwa in Deutschland und Österreich darüber, dass Italien bei der Abwicklung von zwei kleineren Pleitebanken kürzlich nicht den neuen EU-Mechanismus anwendete, sondern nach weniger strengen nationalen Regeln eine Teilsanierung mit Steuergeldern durchführte, hat nun auch den Ministerrat auf den Plan gerufen. Italiens Ressortchef Pier Carlo Padoan wies die Kritik am Montag beim Treffen der Eurogruppe zurück und erklärte, die jüngsten Bankenrettungen seien so erfolgt, »dass sie den Steuerzahler und die Wirtschaft so wenig wie möglich kosten«. Dies schwäche die Bankenunion nicht, sondern stärke sie. Dem wurde zwar zugestimmt, doch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hält es für »offensichtlich«, dass die Bankenunion nicht perfekt sei und weiterentwickelt werden müsse.
Allerdings harrt das Problem der vielen faulen Bankkredite schon jetzt einer Lösung. Und so wurde in der großen Runde der EU-Finanzminister am Dienstag ein »Aktionsplan« mit Arbeitsaufträgen für die kommenden Jahre verabschiedet, um den Berg abzutragen. Erstmals sollen Maßnahmen nicht auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene ergriffen werden, da auch die Folgen von Bankpleiten nicht an Landesgrenzen aufhören, sondern ein Dominoeffekt möglich ist. Im Einzelnen sollen die EU-Bankenaufsicht auf kleinere Institute ausgeweitet, die nationalen Insolvenzgesetze EU-weit überprüft und der Sekundärmarkt für Problemkredite weiterentwickelt werden.
Der LINKE-Europapolitiker Fabio De Masi forderte dagegen, Schrottkredite sollten abgeschrieben werden. »Die Verluste müssen Bankeigentümer und institutionelle Gläubiger tragen, wobei Kleinsparer geschützt werden.« KSte
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.