Aufstachelung und Zensur

Israels Regierung würde gerne das Jerusalemer Büro des Senders Al Dschasira schließen

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Israels Regierung will das örtliche Büro des arabischen Nachrichtensenders Al Dschasira schließen und den Beschäftigten die Akkreditierung entziehen. Doch so leicht geht das nicht.

Auch am Dienstag sendeten die englischen und arabischen Programme von Al Dschasira wieder Berichte aus Israel, waren Reporter im Auftrag des in Katar ansässigen Senders überall im Land unterwegs, stellten Fragen in Pressekonferenzen der israelischen Regierung. Die möchte nun das Büro des Unternehmens in Jerusalem schließen, die Programme aus den israelischen Kabel- und Satellitennetzen entfernen lassen. Außerdem solle den ausländischen Mitarbeitern die Akkreditierung und damit auch die Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung entzogen werden, sagte Kommunikationsminister Ayoub Kara nun.

Doch es ist mehr eine Forderung als eine Ankündigung. Denn in Israel kann die Regierung weder Journalisten noch Medien die Arbeit untersagen; gesetzliche Regelungen garantieren ausländischen Journalisten auch Einreise und langfristigen Aufenthalt. Eine Ausnahme ist nur für den Fall vorgesehen, dass ein Unternehmen oder ein Berichterstatter von Polizei und Inlandsgeheimdienst Schin Beth als Sicherheitsrisiko eingestuft wird.

Um einen solchen Fall handele es sich bei Al Dschasira, geben sich sowohl Kommunikationsminister Kara als auch Regierungschef Benjamin Netanjahu überzeugt: Vor allem das arabische Programm stachele zum Hass an, sei voreingenommen und unterstütze Terrorismus, behauptet Netanjahu bereits seit Monaten und verweist dabei auf eine Reihe von Studien, die Akademiker in Israel und Europa im Laufe der Zeit ausgearbeitet haben.

Doch die Forderung ist auch innerhalb von Netanjahus Likud, dem auch Kara angehört, umstritten: Zwar ist die Partei in den vergangenen Jahren stark nach rechts gerückt, dennoch ist der liberale Flügel, der auf bürgerliche Freiheiten pocht, weiterhin stark. Sollte mit der Al-Dschasira-Schließung ernst gemacht werden, sei Journalismus dem Wohlwollen der Politk ausgeliefert, sagt Ex-Innenminister und Netanjahu-Rivale Gideon Sa‘ar. Von der BBC über die »New York Times« bis hin zu Arte sahen sich bereits viele Medien dem Vorwurf der anti-israelischen Einseitigkeit, auch der Aufstachelung, ausgesetzt. Gleichzeitig hetzt in einer israelischen Radiosendung ein rechter Anwalt namens Joram Scheftel gegen Linke und Araber. »Gesellschaft und Politik müssen das aushalten; es ist der Preis der Meinungsfreiheit«, sagt Ascher Grunis, bis 2015 Präsident des Obersten Gerichtshofes. »Für die Fälle, in denen Journalisten Gesetze verletzen, gibt es das Straf- und Zivilrecht.« Erst dann, wenn Medien tatsächlich Menschen zu Gewalt anstacheln, sei an eine Schließung zu denken: »Die Anforderungen an den Nachweis müssen aber hoch sein.«

Grundsätzlich ist es so, dass ausländischen Medien und Journalisten in Israel eine Akkreditierung beim Regierungspresseamt GPO nicht zwingend vorgeschrieben ist. Auch müssen die Medien, für die ein Journalist arbeitet, nicht im Detail angegeben oder ein Büroraum angemietet werden. Aber die GPO-Karte ist meist notwendig, um Zutritt zu Pressekonferenzen oder Regierungsgebäuden zu erhalten, außerdem erhalten Inhaber der Karte damit problemlos ein Visum für längere Zeit.

Wer als Journalist gilt, ist in den Verwaltungsvorschriften von GPO und Innenministerium detailliert festgelegt; die Kriterien sind recht weit gefasst. Akkreditierung und Einreise dürfen nur aus Sicherheitsgründen verweigert werden; die Entscheidung darüber liegt beim Schin Beth. Ein Widerspruch und der Gerichtsweg sind möglich.

Beim GPO hat man nun zunächst einmal den Schin Beth um seine Meinung gebeten. Doch dort hat man bereits vor Monaten in einem Bericht ans Parlament deutlich gemacht, was man von den Studien hält, in denen Al Dschasira Aufstachelung vorgeworfen wird, nämlich nichts: Für keine einzige dieser Studien seien die Programme über längere Zeiträume ausgewertet worden.

Sollte den Al-Dschasira-Mitarbeitern am Ende tatsächlich die Akkreditierung entzogen werden, wären die Auswirkungen für den Sender gering: Eine ganze Reihe der Mitarbeiter sind Israelis, die einfach ohne Akkreditierung weitermachen könnten.

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