Falscher Fokus

Guido Speckmann über die Libyen-Politik von Angela Merkel

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Menschenrechts- und Asylorganisationen sind sich mit ihrer Einschätzung des EU-Türkei-Pakts weitgehend einig: Das Abkommen hebelt den Flüchtlingsschutz aus, Geflüchtete werden schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Doch der Pakt funktioniert im Sinne der in Berlin und Brüssel Regierenden: Die Türkei macht die Drecksarbeit, indem sie die Migranten von der EU-Grenze fernhält. Warum das Abkommen also nicht auch auf Libyen übertragen? Genau darauf drängte Merkel bei ihrem Treffen mit Vertretern von UNHCR und IOM am Freitag. Eine stärkere Zusammenarbeit mit Libyen sei das Ziel. Diese solle sich so entwickeln wie die mit der Türkei. Frei übersetzt: eine geografische Ausdehnung der Abschaffung des individuellen Asylverfahrens, Rückschiebungen nach Libyen - in ein Land, das ein Oxfam-Bericht diese Woche noch als eine »Hölle auf Erden« bezeichnete.

50 Millionen Euro hat Merkel den Organisationen für ihre Arbeit in Libyen in Aussicht gestellt. Besser als nichts. Aber ein besserer Flecken Erde mit »menschenwürdigen Zuständen« in Aufnahmeeinrichtungen ist damit nicht zu schaffen. Schon deshalb - und das weiß Merkel immerhin -, weil Libyen nicht wie die Türkei ist. Das Land ist seit dem Sturz Gaddafis ein zerrissenes Bürgerkriegsland, woran die westliche Militärintervention 2011 Mitschuld hat.

Der Fokus von Merkel ist somit falsch, weil er weiter auf Flüchtlingsabwehr setzt, anstatt auf Fluchtursachenbekämpfung. Menschen aus afrikanischen Staaten werden sich weiter auf die gefährliche Reise begeben.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -