Zeigefingertrick
Uwe Kalbe über moralische Appelle an die libyschen Machthaber
Die libyschen Verbündeten der EU dürften eigentlich die Welt nicht mehr verstehen. Die Bundesregierung hebt den Zeigefinger und mahnt zur Einhaltung internationaler Regeln im Mittelmeer. Libyen dürfe die Seenotrettungen nicht einschränken. Das wird das instabile Rechtsverständnis der provisorischen Machthaber in dem Krisenland, wo seit Jahren das Faustrecht gilt und Milizen sich die Ressourcen gegenseitig zu entreißen suchen, eingeschlossen die Ressource Flüchtling, mächtig ins Wanken bringen. Wahrscheinlich werden sie sich die Mühe nicht erst machen. Aber falls sie doch irgendwelche tieferen Überlegungen anstellen, dürften sie darin folgende Punkte einbeziehen:
Millionen sind ihnen zugeflossen, weitere in Aussicht gestellt. Ihr Zweck ist klar: Schlepper bekämpfen, Flüchtlingsströme eindämmen, am liebsten stoppen. Lob der EU ist ihnen zuteil geworden für erste Erfolge, kein Tadel an Hunger- und Vergewaltigungslagern zu hören. Italien schickte die Marine zur Unterstützung, niemand hat etwas auszusetzen an einer über die libyschen Gewässer hinaus ausgedehnten Such- und Rettungszone, von der jeder weiß, dass es eine Such- und Aufgreifzone ist. Gemeinsam mit Italien, das den zivilen Seenotrettern einen Verhaltenskodex aufgezwungen hat, gelang es, die Helfer zu vergraulen. Was also hat man bisher falsch gemacht? Nichts! Was also wäre zu ändern, um sich die Gelder der EU weiter zu sichern? ... Genau! Und auch die Bundesregierung hat alles getan, was man mit einem Zeigefinger machen kann.
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