Ende Gelände legt los
Seit dem Wochenende läuft das Klimacamp für einen Ausstieg aus der Braunkohle im Rheinland. Am Donnerstag starten die Aktionen
Johanna Winter vom Klimacamp im Rheinland ist gut gelaunt, wenn man in diesen Tagen mit ihr spricht. Schon über 1500 Menschen nehmen an dem Camp teil. Der Aufbau hat weitgehend reibungslos funktioniert und das Wetter spielt auch mit. Am Dienstag sind Klimaaktivisten nach einer großen Radtour aus London angekommen, Bands wie Bandista aus der Türkei sind schon aufgetreten.
Nur ein kleines Problem, das im Zusammenhang mit dem Klimacamp etwas ironisch wirkt, haben die Aktivisten derzeit. An ihrem Campgelände, dem Lahey-Park bei Erkelenz, gehen langsam die Parkplätze aus. Zu viele Klimaaktivisten sind mit Autos angreist. Doch auch hier haben die Organisatoren für Abhilfe gesorgt. Am Infopunkt des Camps gibt es mittlerweile Flyer mit Wegbeschreibungen zu anderen geeigneten Parkplätzen.
Bisher standen die Inhalte und der Austausch beim Klimacamp im Fokus. Schon am Sonntag diskutierten Klimaaktivisten, Gewerkschafter, Wissenschaftler und Bewohner des Rheinischen Braunkohlereviers über die Zeit nach der Braunkohle, mit über 300 Zuhörern in der Stadthalle von Erkelenz.
Christoph Laumanns vom Klimacamp freut sich über die Diskussion, die »vor einem Jahr« noch undenkbar gewesen sei. Gerade mit der Gewerkschaft IG BCE habe man »sehr unterschiedliche« Positionen. Umso wichtiger sei es, in einen gemeinsamen Dialog einzusteigen.
Dass dieser Dialog überhaupt stattfinden kann, ist auch der »Degrowth-Sommerschule« zu verdanken, die in diesem Jahr zum wiederholten Male auf dem Klimacamp zu Gast ist. Bei »Degrowth« geht es darum, sich Gedanken über eine neue Menschen und Umwelt schonende Art des Zusammenlebens zu machen, deren Grundlage nicht das Streben nach Wachstum ist. Die Organisatoren der Sommerschule standen allerdings in diesem Jahr sehr kurzfristig vor einem Problem. Die »Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen«, die aus Mitteln des Landes finanziert wird, hatte kurzfristig eine schon bewilligte Förderung gestoppt.
Von zugesagten 75 000 Euro wurden der »Degrowth-Sommerschule« nur 29 000 Euro ausgezahlt. Christiane Overkamp, Geschäftsführerin der Landesstiftung, gibt die unmittelbare Verknüpfung mit dem Klimacamp und die von dort geplanten Aktionen des »zivilen Ungehorsams« als Grund für das Aussetzen der Förderung an. Bei »Degrowth« vermutet man, der Regierungswechsel zu Schwarz-gelb in NRW könnte bei der Entscheidung eine Rolle gespielt haben. Die neue Landesregierung plant, mehrere Errungenschaften von SPD und Grünen, wieder rückgängig zu machen. Zu Oppositionszeiten stellten sowohl CDU als auch FDP die Klimaaktivisten im Rheinischen Braunkohlerevier teilweise als Kriminelle dar.
Solche Verdächtigungen weist Christiane Overkamp von sich. Die Entscheidung der Stiftung habe nichts mit dem Regierungswechsel zu tun, betont sie. Die »Degrowth Sommerschule« sucht inzwischen Spender, um die fehlenden 46 000 Euro noch finanziert zu bekommen.
Bei »Ende Gelände« laufen derweil die Vorbereitungen für das Aktionswochenende. Am Donnerstag gehe es in verschiedenen Veranstaltungen und Aktionstrainings noch einmal um die konkrete Vorbereitung, erzählt Janna Aljets vom Bündnis. Außerdem gebe es eine Ralley um den »goldenen Braunkohlebagger« durch das Revier, die allen helfen soll, sich besser zurechtzufinden. Von der Polizei erhofft sich die Sprecherin von »Ende Gelände«, dass sie von »ihren Kollegen aus der Lausitz gelernt« haben. Die dortigen Proteste im vergangenen Jahr waren weitgehend ohne Konfrontationen abgelaufen. Aus dem Rheinland kenne man dies anders. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach habe bei seinem Besuch im Klimacamp durchaus den Eindruck gemacht, dass ihm die Deeskalation wichtig sei. Aljets freut sich auf jeden Fall auf ein Wochenende, an dem ein deutliches und effektives Zeichen gegen die Braunkohleverstromung gesetzt werden kann.
Deutlich weniger Lust auf den Protest hat der Energiekonzern RWE. Im Internet verbreitet das Unternehmen Videos, die vor einem Betreten des Tagebaus warnen. Von »Lebensgefahr« ist dort die Rede, und der Konzern kündigt an, zivil- wie auch strafrechtlich gegen Aktivisten vorgehen zu wollen. Dass man die Ankündigung ernst meint, hat der Energiekonzern schon bewiesen. Zahlreiche Aktivisten erhielten nach den letzten Aktionen Unterlassungserklärungen, die es Tausende Euros teuer machen sollen, wieder in eine Braunkohlegrube zu gehen.
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