Linksunten-Verbot liefert »repressiven Regimen Vorwand«

»Rechtsstaatlich gefährlich«: Reporter ohne Grenzen kritisiert Vorgehen gegen linke Internetplattform / Unklarheit über angeblichen Waffenfund

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen sieht das Vorgehen des Bundesinnenministeriums gegen die linke Website linksunten.indymedia.org kritisch. Es handele sich um eine »rechtsstaatlich gefährliche Entwicklung«, heißt es in einer Erklärung. »Aufrufe zu Gewalt sind inakzeptabel – sie müssen gelöscht und ihre Urheber bestraft werden. Aber Pressefreiheit gilt auch für unbequeme, ja selbst für schwer erträgliche Veröffentlichungen«, sagte der Geschäftsführer der Organisation, Christian Mihr.

»Um gegen strafbare Inhalte auf linksunten.indymedia vorzugehen, hätte es weniger einschneidende Mittel gegeben«, so Mihr. Dass die Bundesregierung ein trotz allem journalistisches Online-Portal nun durch die Hintertür des Vereinsrechts komplett verbiete »und damit eine rechtliche Abwägung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit umgeht, ist rechtsstaatlich äußerst fragwürdig«. Reporter ohne Grenzen sieht darin auch international »ein bedenkliches Signal«, das »repressiven Regimen in aller Welt einen Vorwand« liefere, es den deutschen Behörden gleichzutun.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die Internetplattform vergangene Woche verboten. Gleichzeitig wurden Objekte in Baden-Württemberg durchsucht. De Maizière betonte, die dauerhafte Abschaltung von linksunten.indymedia.org sei das Ziel. Kritik am Verbot kam unter anderem auch von der Linkspartei. Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke sagte, sie betrachte dies als »willkürliche Beschneidung der Meinungs- und Pressefreiheit«. Zwar gefalle ihr »nicht alles auf dieser Seite«. Das Verbot sei aber ein Akt der Einschüchterung. Nach ihrer Ansicht steht das Portal für eine »linke, antikapitalistische Gegenöffentlichkeit«.

Vor allem das Bundesinnenministerium hatte versucht, den Schlag gegen »linksunten« politisch groß in Szene zu setzen. Zunächst war deshalb auch von Waffenfunden bei den Betreibern die Rede. Später erklärte das Ministerium gegenüber netzpolitik.org, dass »keine gefährlichen Gegenstände bei den Verdächtigen gefunden« worden seien. Die »tageszeitung« meldet, ein Sprecher des Landeskriminalamts in Stuttgart habe wiederum erklärt, ein kleinerer Teil der angeblichen Waffen stamme in der Tat aus der Wohnung eines mutmaßlichen Indymedia-Betreibers. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.