Der Kampf mit den Sporen
Die Behandlung von Nagelpilz verlangt Ausdauer, Hygiene und spezielle Medikamente
Nagelpilz ist weit verbreitet und unschön - die Nägel werden gelb und brüchig. Unbehandelt heilt er zudem nicht aus, sondern schreitet fort und verbreitet sich weiter. Frühes Eingreifen ist also angesagt. In der Regel sind die Fußnägel betroffen. Der Kampf mit den Pilzsporen in Nagel und Nagelbett erfordert viel Geduld und speziellen Nagellack. Die Behandlung dauert solange, bis der Nagel gesund herausgewachsen ist - das kann dauern, bei den großen Zehen bis zu anderthalb Jahren.
Zum Einsatz kommen dabei Fungizide, Substanzen, die den Pilz töten. Erreicht werden müssen auch die Sporen des Pilzes, die noch durch darüberliegende Nagelmasse geschützt werden. Bei den Erregern handelt es sich in 90 Prozent der Fälle um Fadenpilze (Dermatophyten), seltener greifen Schimmel- oder Hefepilze die Nägel an. Der wichtigste Erreger heißt Trichophyton rubrum und ist ein wahrer Überlebenskünstler. Er bildet ebenso wie andere Pilze eine Dauerform, die Endosporen. Sie sind hitze- und kälteresistent. In dieser Form kann der Pilz Temperaturen zwischen -20 und +80 Grad Celsius und auch extreme Trockenheit überleben. Aus den Endosporen gehen als zweite Form die Blastosporen hervor. Sie dienen der Vermehrung und Verbreitung und zerstören den Nagel. Andererseits reagieren sie relativ empfindlich auf Medikamente.
Um jedoch die Endosporen anzugreifen, muss ein Wirkung auf Zellebene erzielt werden. Mögliche Ziele sind die RNA-Synthese, Mitochon-drien und das sporeneigene Enzym Katalase. Dieses Enzym kann durch das Antimykotikum Ciclopirox vor Ort gehemmt werden, also direkt am Nagel und im Nagelbett. Bei schwerwiegenden Stadien von Nagelpilz gibt es zusätzlich Wirkstoffe in Tablettenform.
Vor der Behandlung mit einem gegen die Sporen wirkenden Nagellack wird empfohlen, eine Woche lang 40-prozentige Harnstoffsalbe aufzutragen. Dadurch wird der pilzbefallene Nagel schmerzfrei entfernt. Erst danach ist die sporozide Substanz täglich anzuwenden. Sie kann nach der Vorbereitungsprozedur bis ins Nagelbett vordringen
In der Behandlungszeit gelten strikte Regeln für die Hygiene: Hände, Nagelscheren und Feilen sind nach jedem Kontakt mit dem infizierten Nagel zu reinigen und Socken bei mindestens 60 Grad zu waschen. Schuhe sollten nach der Therapie desinfiziert werden. Zudem ist es eine Frage der Rücksichtnahme, mit Nagelpilz und während dessen Behandlung weder zu Hause noch in öffentlichen Einrichtungen barfuß zu gehen.
Wer nach Fehlversuchen oder prinzipiell nach sanfteren Therapien sucht, wird bald auf den Tipp mit verdünnter Essigsäure stoßen. Einen Überblick über Hausmittel und Methoden der Komplementärmedizin bietet ganz unspektakulär ein Büchlein der Carstens-Stiftung. Die Stiftung, 1982 vom damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens und seiner Ehefrau Veronica gegründet, bemüht sich seitdem um einen Brückenschlag zwischen Schul- und Komplementärmedizin. Jenseits aller Hochglanzcover und reißerischer Titel erschien in der Reihe »Was tun bei ...« auch eine kleine Broschüre zu Selbsthilfe und Naturheilkunde bei Nagelpilz. Die Empfehlungen umfassen nicht nur pflanzliche Therapiealternativen, sondern auch Tipps für die Pflege oder eine Ernährung zugunsten gesunder Nägel. Das Menü sollte dann nicht zu wenig Kieselsäure (Silizium) enthalten. So wird zu Hirse geraten, etwa in einem Frühstücksbrei. Zu den Behandlungsvarianten gehören ätherische Öle und Essigmischungen. Dafür gibt es jeweils einfache, alltagstaugliche Rezepte.
Vor allen Behandlunsversuchen steht jedoch eine ärztliche Diagnose, denn für Nagelverfärbungen oder Verdickungen gibt es auch andere Ursachen als nur Nagelpilz. Da die lästige Erkrankung bei jedem zweiten Menschen über 65 Jahren auftritt, sind insbesondere bei ihnen Faktoren zu berücksichtigen (und auch zu behandeln), die den Pilz begünstigen. Das Risiko steigt mit Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus oder der arteriellen Verschlusskrankheit, bei denen sich die Durchblutung der Beine verschlechtert. Auch Medikamente wie Cortison begünstigen Pilzinfektionen. Dazu beitragen kann auch die Entfettung der Fingernägel zum Beispiel durch häufigen Kontakt mit Spül- und Putzmitteln.
Annette Kerckhoff, Michael Elies: Nagelpilz. Selbsthilfe und Naturheilkunde. KVC-Verlag Essen 2017. 82 S., 5,90 €.
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